Schaut den Banken auf die Finger!
Darum geht es: Die Verbraucherzentrale Niedersachsen hat gestern bei der Vorstellung ihrer Jahresbilanz auch die Gebührenpraxis der Banken kritisiert. Dazu ein Kommentar von Isabel Christian.
„100 Euro, wenn Sie uns mögen – 150 Euro, wenn nicht“ – Mit diesem Spruch wirbt derzeit eine Internetbank um Kunden. Was wird damit bezweckt? 100 Euro Bonus bekommt der Neukunde, wenn er seine alte Bank verlässt und zu dieser neuen wechselt. Hält er dann dort mindestens zwölf Monate lang aus und geht dann wieder, dann will die Bank ihm noch einmal 50 Euro geben. Ein Werbetrick, um junge Leute anzulocken? Wer das Geld wirklich bekommen will, sollte allerdings das Kleingedruckte gut lesen. Denn die ersten 100 Euro gibt es nur, wenn das alte Konto komplett aufgelöst wird, das Gehalt nun bei der Internetbank eingeht und mit dem neuen Konto auch alle Bankgeschäfte erledigt werden. Klingt erst einmal nicht schlimm. Doch Aktionen wie diese verdeutlichen den harten Preiskampf, den die Banken untereinander ausfechten. Und in dem schon jetzt diejenigen Kunden verlieren, die ihr Geld zusammenhalten müssen. Wenn der Staat Banken mit Steuergeldern rettet, darf er nicht zulassen, dass diese wiederum die Bürger mit zweifelhaften Aktionen über den Tisch ziehen.
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Es sind schwierige Zeiten für Banken. Durch den Niedrigzins haben die Geldinstitute quasi nichts mehr davon, das Geld ihrer Kunden für sie zu horten. Um also weiterhin rentabel zu bleiben, haben sie mehrere Möglichkeiten. Sie können sich auf das Geschäft mit Versicherungen und Immobilien verlagern, das schon seit Jahren boomt. Doch dank der niedrigen Zinsen auf Kredite ist der Immobilienmarkt beinahe leergefischt und die Konkurrenz ist in beiden Geschäftszweigen so groß, dass man sich ständig gegenseitig die Kunden abgräbt. Regional organisierte Banken wie die Sparkassen oder die Volksbanken verlieren auf lange Sicht diesen Wettkampf gegen die Branchenriesen wie Deutsche Bank oder Commerzbank. Also erheben sie seit kurzem Gebühren auf ganz normale Bankgeschäfte wie das Geldeinzahlen oder -abheben, um das Kerngeschäft für sich wieder rentabel zu machen. Der Protest dagegen hält sich in Grenzen. Vielleicht deshalb, weil längst jede Bank für gewisse Leistungen Geld verlangt. Und weil durch den Gebührendschungel kaum noch jemand durchblickt.
Beispiele finden sich im neuen Marktcheck der Verbraucherzentrale genug. Der Verein hat 60 Sparkassen, Volksbanken und überregionale Geldinstitute genauer untersucht und ihre wichtigsten Tarife miteinander verglichen. Allein die Volksbank Göttingen etwa bietet ihren Kunden fünf verschiedene Girokonten mit unterschiedlichen Konditionen. So gibt es etwa das GiroComfort-Konto mit 9 Prozent Dispozinsen, einer kostenlosen Girokarte und einer monatlichen Kontoführungsgebühr von 7,95 Euro. Allerdings zahlt der Inhaber ab der fünften Transaktion für jedes Mal Geldholen 1,02 Euro. Ist da nicht vielleicht das Girokonto der Sparkasse günstiger? Immerhin zahlt man für das Konto.Modern nur 3,90 Euro und das Geldabheben ist kostenlos. Doch auch hier gibt es versteckte Kosten. Wer Überweisungen mit Belegen anweist, muss ab dem dritten Mal jeweils zwei Euro dafür zahlen.
Natürlich gibt es auch All-Inklusive-Modelle. Doch die kosten besonders, entweder wegen der Kontoführungsgebühr oder wegen anderer Auflagen. Die Volksbank Südheide verlangt für das Rundum-Sorglos-Paket etwa 22,50 Euro pro Monat, die meisten anderen Banken nehmen zwischen 12 und 16 Euro. Wer trotzdem ein kostenloses Girokonto anbietet, refinanziert es meist über Vertragsklauseln, etwa einen bestimmten Betrag, der monatlich auf dem Konto eingehen muss. Einige Banken schreiben sogar vor, wie hoch dieser mindestens sein muss. Damit sind Geringverdiener praktisch als Vertragspartner ausgeschlossen. Im vergangenen Jahr wurde ein neues Gesetz beschlossen, das vorsieht, dass jeder in Deutschland das Recht auf ein eigenes Konto hat. Eine überfällige Entscheidung, schließlich laufen viele für das tägliche Leben relevante Zahlungen nur noch über elektronische Wege. Wer kein Konto hat, auf dem der Arbeitgeber einzahlen kann, der bekommt keinen Job und keine Wohnung. Die Bundesregierung hat auch Konditionen bestimmt, die den Zugang zu diesem „Jedermann“-Konto erleichtern sollen. So dürfen Banken keine überzogenen Gebühren verlangen und müssen transparent über alle anfallenden Kosten informieren. Es ist nicht die Rede davon, dass das Konto nichts kosten darf, und das ist legitim. Doch es gibt auch keine Regel, wie viele Gebühren die Bank für ihre Dienste von Menschen nehmen darf, die sie eigentlich gar nicht in ihrer Kundenkartei haben will.
Die Politik muss diese Lücke so schnell wie möglich schließen. Denn wenn jeder das Recht auf ein Konto hat, darf es Banken nicht erlaubt sein, unliebsame Kunden mit horrenden versteckten Gebühren wieder loszuwerden. Es ist verständlich, dass Banken keine Wohlfahrtsorganisationen sind, sondern gewinnorientierte Unternehmen. Doch sie sollten auch eine gesellschaftliche Verpflichtung haben und niemanden ausschließen. Es muss also ein Angebot für Menschen geben, das ihnen nicht das Geld aus der Tasche zieht. Zudem muss die Politik die Banken verpflichten, die Konditionen ihrer Angebote klar verständlich und vor allem vergleichbar zu machen. Damit jeder sich für eine Bank und ein Konto entscheiden kann, das zu seiner derzeitigen Lebenssituation passt.