Rufe nach Mehrausgaben prasseln auf Hilbers nieder
Nächste Woche starten die parlamentarischen Beratungen zum Haushaltsplan für nächstes Jahr. Dabei ist Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) in keiner beneidenswerten Situation, denn die Finanzlage des Landes ist wieder einmal weit besser als erwartet. Bis Ende August wurden 18,37 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verbucht – das übertrifft den bis zu diesem Zeitpunkt erwarteten Betrag um mehr als 200 Millionen Euro und ist gegenüber dem Vorjahreszeitraum ein Plus von 756 Millionen Euro. Diese Entwicklung weckt nun nicht nur Begehrlichkeiten der unterschiedlichen Interessengruppen, darüber hinaus werden deren Forderungen nach zusätzlichen Ausgaben auch noch besonders nachdrücklich vorgetragen.
Ein großes Thema ist dabei der Wohnungsbau. Viele Organisationen beklagen den Mangel an günstigem Wohnraum nicht nur in den Ballungszentren und Großstädten, sondern längst auch schon in mittelgroßen Städten. Der Verband der Wohnungswirtschaft (vdw), in dem sich 170 kommunale und genossenschaftliche Wohnungsunternehmen zusammengeschlossen haben, fordert vehement ein stärkeres Engagement des Landes. Derzeit leite Niedersachsen nur Bundesmittel weiter, rund 1000 neue Wohnungen jährlich seien geschaffen worden. Man brauche aber das Vierfache dieser Summe, um allein die aus der Bindung wegfallenden Wohnungen auszugleichen. „Mehrere 100 Millionen Euro“ an originären Landesmitteln seien nötig – bisher fehle eine Summe im Landesetat für 2019 aber gänzlich. Druck in diese Richtung üben auch die CDU-Sozialausschüsse aus. Für den CDU-Landesparteitag am Wochenende fordern sie einen jährlichen Ansatz von 400 Millionen Euro, eine spannende Debatte dazu wird erwartet. vdw-Verbandsdirektor Heiner Pott sagt: „Legt sich das Land nicht ins Zeug, droht die Erosion des sozialen Wohnungsbaus weiter voranzuschreiten.“
Das nächste Thema ist der öffentliche Dienst: Die Lehrergewerkschaft GEW will kommende Woche den Auftakt der Etatberatungen im Landtag mit einer Demonstration begleiten. Unter anderen wird dort die generelle Bezahlung aller Lehrer – auch derjenigen an Grundschulen – mit mindestens A13 gefordert. Dies sei nötig, um überhaupt noch gute Kräfte für freie Pädagogenstellen zu bekommen. Nach Schätzungen würde die Aufstufung aller A12-Lehrer auf A13 das Land jährlich mindestens 200 Millionen Euro kosten. Eine definitive Absage zu der GEW-Forderung kommt bisher von den Regierungsfraktionen SPD und CDU allerdings nicht. Kultusminister Grant Hendrik Tonne sagte kürzlich im Rundblick-Interview, das Land habe sich „das Thema A13 vorgenommen“. Das Problem ist allerdings, dass nicht nur die Lehrer eine Gehaltsaufbesserung verlangen. Seit beim SPD-Landesparteitag vergangenen April beschlossen wurde, von der Regierung die schrittweise Wiedereinführung des Weihnachtsgeldes für Landesbeamte zu fordern, lässt der DGB an dieser Stelle nicht locker. Bisher will die Regierung hier nicht ran, die letztendliche Entscheidung über den Haushaltsplan liegt aber beim Landtag.
Die Gewerkschaft Verdi allerdings kann bei diesem Thema rasch in ein Dilemma geraten. Einerseits streitet auch sie für eine bessere Besoldung der Landesbeschäftigten, andererseits hat Verdi-Landesleiter Detlef Ahting jüngst angedeutet, die nötige Eigenkapitalstärkung der Nord/LB aus Landesmitteln zu bestreiten – entweder direkt über den Landeshaushalt oder auf Umwegen über die landeseigene HannBG. Wie auch immer, das könnte eine zusätzliche Landesausgabe von bis zu 5 Milliarden Euro bedeuten – und sollte Hilbers dem Wunsch von Verdi folgen und statt eines privaten Investors die Landeskasse in Anspruch nehmen, so würde dieses Geld vermutlich für andere Ausgaben (auch für den öffentlichen Dienst) fehlen. Verschärft wird das Finanzproblem noch von den Kommunalverbänden, die nicht nur auf ein Milliarden-Investitionsprogramm warten, sondern in der bisherigen Finanzplanung gern noch die Sprachförderung und andere Integrationsleistungen für Flüchtlinge langfristig abgesichert sehen möchten. Auch das kann schnell noch dreifache Millionensummen erfordern.