Der Islamismus-Untersuchungsausschuss des Landtags erlebte am Mittwoch ein Wechselbad der Stimmungen: Zuerst kam es zu einem Eklat, weil die Landesregierung die Zeugenaussage eines führenden Polizisten unterbrochen hatte. Dann aber einigten sich alle Fraktionen hinter verschlossenen Türen auf den neuen Ermittlungsbeauftragten. Diese Position übernimmt der frühere Bundesgerichtshofrichter Bernhard Wahl (67) aus Laudenbach in Baden-Württemberg. Die CDU hatte ihn vorgeschlagen, noch vergangene Woche sperrte sich Rot-Grün dagegen und benannte einen eigenen Kandidaten. Nun aber wurde der Vorschlag doch akzeptiert.

Im Ausschuss sollte gestern Bernd Gründel aussagen, der Leiter des Zentralen Kriminaldienstes bei der Polizeidirektion Hannover. Dies war der dritte Anlauf für den Zeugen, der schon zweimal vergeblich geladen worden war und wieder gehen musste, weil der Ausschuss-Zeitplan durcheinandergeriet. Diesmal setzte Gründel an und berichtete über Mohammed Hassan K., einen 19-Jährigen aus Hannover-Misburg, der nach der Absage des Fußball-Länderspiels in Hannover im November 2015 ins Visier der Polizei geraten war, weil er sich für das Spiel als Ordner hatte einteilen lassen. Gründel erklärte, wie der 19-Jährige sich am Tag nach der Spiel-Absage bei der Polizei in Misburg gemeldet hatte – und kurz vorher gegenüber seiner Lehrerin angegeben hatte, nach Syrien ausreisen zu wollen. Daraufhin schritt Thorsten Kornblum ein, Büroleiter von Innenminister Boris Pistorius und Beauftragter des Ministeriums für den Untersuchungsausschuss. Kornblum meinte, Gründel dürfe zu diesem Punkt nicht öffentlich aussagen, da der Sachverhalt in Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft und des Generalbundesanwalts eine Rolle spiele. Diese Vorgänge dürften nicht ausgebreitet werden. Jens Nacke (CDU) und Stefan Birkner (FDP) widersprachen und meinten, die Sperrung dürfe nur Fakten betreffen, die nach Beginn der Justiz-Ermittlungen gegen den jungen Mann bekannt geworden seien, Gründels Darstellungen beträfen aber die Zeit vor Start dieser Ermittlungen. Da sich Koalition und Opposition im Ausschuss in der Rechtsinterpretation nicht einig wurden, brach das Gremium Gründels Befragung ab. Am 21. Oktober soll der Ausschuss nun das nächste Mal zusammenkommen. Dann liegt auch ein Gutachten der Landtagsjuristen zur Frage der verweigerten Aussagegenehmigungen vor. Ein Vertreter des Gesetzgebungs- und Beratungsdienstes soll gestern in vertraulicher Runde bereits angedeutet haben, dass eine zu restriktive Haltung des Innenministeriums „rechtswidrig“ sei.

Ende Oktober wird sich auch der Ermittlungsbeauftragte Bernhard Wahl dem Ausschuss vorstellen. Er soll im Auftrag des Gremiums Akten sichten und bewerten – und den Abgeordneten Empfehlungen für gezielte Zeugenvernehmungen geben. Wahl ist CDU-Mitglied und Ehrenvorsitzender des Landesarbeitskreises Christlich-Demokratischer Juristen in Baden-Württemberg. Er hat in den achtziger Jahren beim Generalbundesanwalt gearbeitet und war danach von 1991 bis 2014 beim Bundesgerichtshof tätig. Womöglich wird Wahl auch im neuen abhörsicheren Saal und Aktenraum des Landtags seine Recherchen versehen. Gestern wurde der Raum, der für 250.000 Euro hergerichtet wurde, von Landtagspräsident Bernd Busemann der Öffentlichkeit vorgestellt. Den abhörsicheren Saal im Landtagskeller gibt es nun also bereits – aber Informationen, die nur in einem solchen Raum besprochen werden könnten, werden dem Untersuchungsausschuss bislang weiterhin vorenthalten.