Sozialministerin Cornelia Rundt plädiert für eine Landarztquote in Niedersachsen. Sie verspricht sich von ihr eine deutliche Entlastung für die medizinische Versorgung auf dem Land. Rundt geht davon aus, dass es in Niedersachsen eine sechs bis zehnprozentige Quote geben könnte. Bei der Landarztquote würde ein Teil der Studienplätze nicht nach NC-Kriterien vergeben werden, sondern an Abiturienten, die sich von Beginn an verpflichten, nach dem Studium als Hausarzt aufs Land zu gehen. Hintergrund sind alarmierende Prognosen, was die künftige Zahl der Hausärzte auf dem Land betrifft. Eine Studie des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung (NIW) kam zu dem Ergebnis, dass es dort im Jahr 2030 ein Fünftel weniger Hausärzte geben wird als benötigt. Um einen Versorgungsgrad von 100 Prozent zu sichern, würden rund 1050 weitere Hausärzte gebraucht. Keine Probleme werden dagegen bei den Fachärzten prognostiziert. Hier sieht das NIW auch im Jahr 2030 flächendeckend eine Versorgung von über 100 Prozent.

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Rechtliche Hürden gibt es für die Landarztquote inzwischen nicht mehr. Rundt verweist auf ein Gutachten des Gesundheitsministeriums, demzufolge sie verfassungsrechtlich möglich ist. „Eine Quote für später in einem unterversorgten Gebiet ärztlich Tätige lässt sich in verfassungskonformer Weise ausgestalten“, heißt es in einem Gutachten der Rechtswissenschaftler Mario Martini und Jan Ziekow. Voraussetzung wäre, dass auch andere Bewerber eine realistische Chance auf ein Medizinstudium behielten und ihre Wartezeit zumutbar bleiben müsse. Außerdem hielten sie fest, dass eine Verpflichtungserklärung „kein Tauschgeschäft für unzureichende fachliche Eignung“ sein dürfe. Im März wurde den Bundesländern im „Masterplan Medizinstudium 2020“ die Möglichkeit einer Quote eröffnet. Sie können bis zu zehn Prozent der Medizinstudienplätze vorab an Bewerber vergeben, die sich verpflichten, am Ende ihrer Ausbildung als Allgemeinmediziner für bis zu zehn Jahre in der hausärztlichen Versorgung in ländlichen Regionen zu arbeiten.

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Die Landarztquote wird teilweise allerdings auch skeptisch bewertet. Die Hochschulexpertin der SPD-Bundestagsfraktion, Daniela De Ridder, sagte im Gespräch mit dem Rundblick, es gebe zwar ein demographisches Problem beim Weiterbetrieb von Arztpraxen auf dem Land. „Ich habe aber meine Zweifel, ob es richtig ist, jungen Studienanfängern so eine Verpflichtung abzutrotzen. Sie können ja nicht in die Glaskugel schauen. Sie sitzen dann in der Falle und man bringt sie in eine sehr schwierige Ausgangslage“, so De Ridder. Schließlich könne man in den zwölf Jahren des Studiums andere Vorstellungen über die eigene Zukunft entwickeln. Zu befürchten sei auch, dass sich Studenten aus wohlhabenden Familien am Ende aus der Verpflichtung freikauften. De Ridder hält es für falsch, das Demographie-Problem über das Medizinstudium lösen zu wollen. Besser sei zum Beispiel, die Möglichkeiten der Kommunen zu erweitern und Schwerpunktkliniken im ländlichen Raum einzurichten.

Rundt geht allerdings davon aus, dass es künftig zusätzliche Plätze für Medizinstudenten an den Hochschulen in Niedersachsen geben muss. Ein Medizinstudienplatz kostet etwa 200.000 Euro. Bei der Finanzierung setzt sie auf Berlin. „Der Bund wird sich hier engagieren müssen“, sagt Rundt. De Ridder hält diese Forderung für sehr nachvollziehbar, zumal der Handlungsspielraum der Länder durch die Schuldenbremse eingeschränkt werde. „Die Haushaltspolitiker sind allerdings nicht zu beneiden, wenn es darum geht, nach welchem Schlüssel eine mögliche Finanzierung zwischen den Ländern aufgeteilt werden kann“, meint die SPD-Bundestagsabgeordnete aus Niedersachsen.

Cornelia Rundt und Mark Barjenbruch bei der Unterzeichnung der gemeinsamen Erklärung in Hannover – Foto: MB.

In Hannover unterzeichneten Sozialministerin Cornelia Rundt und Mark Barjenbruch, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN), gestern eine gemeinsame Erklärung zur Sicherung der ärztlichen Versorgung in Niedersachsen. Darin vereinbaren beide Seiten, weitere Initiativen gegen den Landarztmangel zu entwickeln. „Aktuell haben wir eine gute Versorgung in Niedersachsen. Wenn wir aber nichts tun, werden wir 2030 ordentliche Schwierigkeiten haben“, sagte Barjenbruch. Das Sozialministerium sei für die KVN ein wichtiger strategischer Partner, wenn es zum Beispiel um Fragen der Raumordnung oder der Mobilität gehe.