Darum geht es: Der Landtag berät heute über den beitragsfreien Kindergarten. Die FDP fordert, ihn bereits in diesem Jahr einzuführen. Ein Kommentar von Martin Brüning:

Zuerst forderte die niedersächsische SPD den beitragsfreien Kindergarten. Dann zog die CDU Niedersachsen nach. Und jetzt legt die FDP im Landtag noch einen drauf und fordert die beitragsfreie Kita sogar noch in diesem Jahr. Die Eltern dürften nicht bis nach der Wahl vertröstet werden, meint der FDP-Bildungspolitiker Björn Försterling. Das Ganze ist ein netter Versuch, im Vorwahlkampf Aufmerksamkeit zu erregen, aber im Kern doch nichts weiter als eine landespolitische Clownerie. Denn vermutlich würde in keinem deutschen Landtag die politische Mehrheit egal welcher Couleur eine Entscheidung, die langfristig jährlich 300 Millionen Euro kosten wird, übers Knie brechen. So bleibt zunächst einmal nur im Gedächtnis: Egal, wo Sie im Januar 2018 auf dem Wahlzettel Ihr Kreuz machen – irgendwie wollen fast alle Parteien die beitragsfreie Kita. Eine gute Nachricht für Eltern kleiner Kinder und alle, die es noch werden wollen.

Egal, wo Sie im Januar 2018 auf dem Wahlzettel Ihr Kreuz machen – irgendwie wollen fast alle Parteien die beitragsfreie Kita - Foto: marcobir

Egal, wo Sie im Januar 2018 auf dem Wahlzettel Ihr Kreuz machen – irgendwie wollen fast alle Parteien die beitragsfreie Kita – Foto: marcobir

CDU und FDP können nun lediglich als Erfolg verbuchen, dass diese Forderung kein Alleinstellungsmerkmal der SPD mehr ist. Dennoch hätte man gerade von der FDP im Hinblick auf die Gegenfinanzierung mehr erwartet. Allein der Hinweis auf die gute Einnahmesituation durch sprudelnde Steuereinnahmen und gesunkene Kosten bei der Unterbringung und Integration von Flüchtlingen ist keine Antwort auf die Frage, woher das Geld kommen soll, wenn der Wirtschaftsmotor einmal stottert und die Zahl der Flüchtlinge doch wieder steigt. Die Forderung nach der beitragsfreien Kita ist und bleibt richtig. Es müsste aber von allen Parteien, die diese Forderung erheben, erwartet werden, dass sie einen klaren Plan zur langfristigen Finanzierung dieses dicken Brockens im Haushalt vorlegen. In Zeiten der Schuldenbremse ist schließlich nicht nur interessant, was man zu finanzieren gedenkt. Ebenso interessant ist es, was im Ernstfall auf die Streichliste kommt.

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Es ist und bleibt bedauerlich, dass eine mögliche Finanzierungsquelle nicht nur für die beitragsfreie Kita im allgemeinen, sondern auch für frühkindliche Bildung im speziellen wieder abgeschafft worden ist. Die breite Ablehnung der Studienbeiträge in Gesellschaft und Politik war ein Fehler, der sich bei der Finanzierung von Bildung in Zukunft noch rächen könnte. Es ist eine Absurdität deutscher Bildungspolitik, dass die Eltern für die Zeit, in der bei ihren Kindern wichtige Grundlagen für Schulerfolge gelegt werden können, zur Kasse gebeten werden, während alle Kinder, die es bis zum Studium geschafft haben, mit Gebührenfreiheit belohnt werden. Wenn soziale Herkunft nach wie vor die Grundlage für die akademische Elite ist, dann müssten sich vor allem die Parteien links der Mitte fragen, ob sie mit der Beitragsbefreiung eigentlich die richtigen belohnen.

Studienbeiträge haben in den Jahren, in denen sie in einigen Ländern erhoben wurden, nicht zu einer neuen sozialen Selektion geführt. Diese gibt es dagegen bereits in der ersten Schulklasse, in der Kinder mit sehr unterschiedlichen Voraussetzungen das erste Mal in einem Klassenzimmer sitzen und sich zum Teil schon erahnen lässt, welchem Kind welcher Bildungsweg bevorstehen könnte. Das ist ungerecht. Deshalb sollte parallel zur Beitragsfreiheit in der politischen Debatte der Fokus noch stärker auf Bildung bereits im Kindergarten gerichtet werden. Es wäre keine Ungerechtigkeit, das Geld, das dafür nötig ist, am oberen Ende der Bildungskette abzuschöpfen.

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