Politik und Kommunen diskutieren über Altersfeststellung bei jungen Flüchtlingen
Auch in Niedersachsen wird über Änderungen bei der Altersfeststellung bei jungen Flüchtlingen diskutiert. Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund (NSGB) fordert, dass das Alter direkt in der Erstaufnahmeeinrichtung bestimmt wird. „Wenn man Hilfe gewährt, muss man in der Lage sein, denjenigen einzuschätzen“, sagte NSGB-Sprecher Thorsten Bullerdiek dem Politikjournal Rundblick. „Wir wollen als Kommunen das Ende der Kette sein: Wer kommt zu uns, wie ist der Gesundheitszustand, wie alt ist er, hat er eine Familie? Das sind für uns die wesentlichen Grundlagen, um die Integrationsarbeit dann zu übernehmen.“ Bullerdiek wünscht sich eine klare Regelung vom Bund. Berlin sollte auch festlegen, welches Verfahren zur Altersfeststellung er für geeignet hält.
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Auch der CDU-Fraktionsvorsitzende Dirk Toepffer hält eine bundeseinheitliche Regelung für dringend erforderlich. Man könne die Problematik nicht weiter auf die Kommunen verschieben, sagte Toepffer dem Rundblick. Vorbild für eine neue Regelung könnte das Vorgehen im Saarland sein. Dort werden Zweifelsfälle in einer Vorclearingstelle in einem mehrtägigen Verfahren von verschiedenen Fachleuten begutachtet. Dabei zeigte sich bisher, dass rund die Hälfte der Kandidaten falsche Angaben machte. Der FDP-Innenexperte Jan-Christoph Oetjen plädierte für eine landeseinheitliche Regelung, die auch Methoden wie die DNA-Analyse berücksichtigen solle. Belit Onay, migrationspolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, warnte davor, Geflüchtete unter einen Generalverdacht zu stellen. „Es muss dabei bleiben, dass die über die Inaugenscheinnahme hinausgehenden Untersuchungen nur in Zweifelsfällen und vor allem mit Einwilligung der Betroffenen vorgenommen werden dürfen.“ Man wolle im Landtag eine Unterrichtung zum aktuellen Verfahren der Altersfeststellung beantragen.
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Das niedersächsische Sozialministerium sieht derweil keinen Änderungsbedarf. „Das aktuell angewendete Stufen-Modell zur Altersfeststellung hat sich bewährt und stellt einen rechtlich gebotenen Ausgleich zwischen dem behördlichen Auskunftsinteresse und dem Schutzbedürfnis von Minderjährigen dar“, heißt es. Nach Einschätzung des Ministeriums sind andere Verfahren, wie zum Beispiel DNA-Tests, dem bisherigen nicht überlegen. In Niedersachsen muss das Jugendamt die Minderjährigkeit eines Flüchtlings feststellen. Bei Zweifeln nehmen zwei Mitarbeiter des Amts eine „qualifizierte Inaugenscheinnahme“ vor. Dabei wird der Gesamteindruck, darunter auch Merkmale wie Stimmlage, Bartwuchs und Körperbau, bewertet. Wenn danach immer noch Zweifel bleiben, erfolgt eine ärztliche Untersuchung. Das kann eine Röntgen- oder auch eine zahnärztliche Untersuchung beinhalten, ebenso eine Computertomographie der Schlüsselbeine.