Platzt der „niedersächsische Weg“?
Der Plan ist ehrgeizig – und mit sehr knappen Fristen versehen: Spätestens im Dezember soll der Landtag weitgehende Änderungen im Wasser- und im Naturschutzgesetz beschließen, schon in der am 14. September startenden Landtagswoche soll der Gesetzentwurf dem Parlament vorliegen. Damit ist auch ein Signal an die Initiatoren des Volksbegehrens für mehr Artenschutz verbunden: Wenn nämlich die Gesetzesvorschläge den Zielen der Väter und Mütter des Plebiszits sehr nahe kommen sollten, dürften sie das Volksbegehren abblasen. So hat es der Naturschutzbund (Nabu), die wohl größte und stärkste Organisation der Unterschriftensammlung, bereits angekündigt.
Dieser fein austarierte Plan, unterstützt von den Ministern Olaf Lies (Umwelt) und Barbara Otte-Kinast (Landwirtschaft), droht nun aber zu scheitern. Denn in der CDU-Landtagsfraktion ist in den vergangenen Tagen Unmut laut geworden. Man wolle sich nicht vom Nabu und von den Umweltverbänden unter Zugzwang setzen lassen, hieß es. Der Zeitdruck, den die Initiatoren der Unterschriftensammlungen verbreiteten, passe nicht mit der Souveränität des Parlaments zusammen. Niemand dürfe den Abgeordneten vorschreiben, wie schnell sie einen Gesetzesvorschlag beraten und beschließen.
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Die Aufgeregtheit im Landtag hat ihre Entsprechung bei den Lobbyisten: Mehrere Bauernverbände sind verstimmt über das Auftreten der Umweltverbände, besonders des Nabu. Dass der Nabu sowohl mit der Landesregierung über die möglichen Gesetzesänderungen verhandelt hat, gleichzeitig aber für das Volksbegehren trommelt, wird als Affront aufgefasst. Dabei wird allerdings der größere Zusammenhang rasch ausgeblendet. Zunächst waren es die Umweltverbände, die – dem Beispiel Bayerns folgend – das Volksbegehren in Gang gesetzt hatten. Danach bemühten sich die Landesregierung, Umweltverbände und die Landwirtschaft, mit einem Konsens das Volksbegehren überflüssig zu machen – indem sie sich schon vorab auf entsprechende Gesetzesänderungen verständigen.
So sieht der Plan bis heute aus, der von Lies und Otte-Kinast angepriesene „niedersächsische Weg“ sieht auch mehr Naturschutz, breitere Gewässerrandstreifen und strengere Bewirtschaftungsauflagen für die Landwirte vor. Nur – im Unterschied zum Volksbegehren – sollen diese von Entschädigungen und Hilfen für die Bauern begleitet werden. Gegenwärtig sind die Gesetzesänderungen ausgehandelt, von Seiten der Landwirtschaft aber gibt es noch den Wunsch nach einigen Nachbesserungen im Detail. Gestern stellte Lies diese Überlegungen der CDU-Landtagsfraktion vor. Es wurde gründlich diskutiert, eine Abstimmung aber ist vertagt worden.
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Was unkompliziert klingt, kann im Detail am Ende das Scheitern der Pläne bedeuten. Die Initiatoren des Volksbegehrens müssen nämlich bis zum 13. November verbindlich erklären, ob sie das Volksbegehren wirklich durchziehen wollen. Am 13. November endet die erste Phase der Unterschriftensammlung, rund 50.000 Unterstützer dürften inzwischen zusammen sein. Dann prüft die Landesregierung die Zulässigkeit des Antrags, und nach der Entscheidung darüber (wohl im Dezember) hätten die Initiatoren noch einmal sechs Monate Zeit, um insgesamt 610.000 Unterstützer-Unterschriften für das Volksbegehren zu sammeln. Gelingt ihnen das, kann der Landtag das Volksbegehren als Gesetz beschließen oder eine Volksabstimmung darüber anordnen.
Dagegen bieten Lies und Otte-Kinast nun ihre Strategie, dem Plebiszit zuvorzukommen. Das bedeutet, dass die Landtagsfraktionen von SPD und CDU den Entwurf der im „niedersächsischen Weg“ ausgehandelten Gesetzesänderungen nun eilig im Landtag einbringen. Im Dezember- oder schon November-Plenum könnte darüber dann abgestimmt werden. Der Nabu und die anderen könnten dann sehen, dass sie kein Plebiszit mehr brauchen, weil wesentliche Ziele schon vom Landtag übernommen wurden. Aus der CDU gibt es nun allerdings kritische Stimmen, die das nicht tun wollen, sondern der Landesregierung die Einbringung der Gesetzentwürfe in den Landtag überlassen möchten. In diesem Fall aber wären vorherige Verbandsanhörungen mit langen Fristen notwendig. Das würde bedeuten, dass vor dem 13. November kein Gesetzentwurf an den Landtag weitergeleitet werden könnte. Die Wahrscheinlichkeit, dass die Initiatoren ihr Volksbegehren bis zum 13. November absagen, wäre folglich gering. Somit wäre der „niedersächsische Weg“, nämlich auf Umwegen das Plebiszit entbehrlich machen zu wollen, gescheitert.
Mit Spannung wird nun der 8. September erwartet. Dann will die CDU-Fraktion ebenso wie die SPD-Fraktion darüber befinden, ob sie die Gesetze des „niedersächsischen Weges“ in beschleunigter Form durch das Parlament bringen wollen. Nur ein Ja böte die Chance, das drohende Volksbegehren doch noch abzuwenden.