Plan für Schuldenbremse: Mehreinnahmen des Landes sollen auf ein Sonderkonto
Die Landesregierung tüftelt an einem Plan, wie die im Grundgesetz vorgeschriebene „Schuldenbremse“ auf das Landesrecht übertragen werden kann. Mit einem ehrgeizigen Vorschlag tritt intern das Finanzministerium auf: Ein Teil der konjunkturell bedingten Mehreinnahmen eines Jahres soll auf ein Sonderkonto fließen und nicht für Ausgaben oder Schuldenabbau verwendet werden können – sondern als Notgroschen dienen.
Nur bei einem solchen Vorgehen sei auch ein umgekehrter Fall denkbar, heißt es aus dem Ministerium. Falls dann nämlich ein Konjunktureinbruch drohe, könne es nur nach diesem Modell möglich sein, zum Ausgleich wegbrechender Einnahmen ausnahmsweise doch neue Kredite aufzunehmen. „Ich habe die Absicht, eine Schuldenbremse mit einer solchen Konjunkturkomponente vorzuschlagen. In den nächsten Monaten werden wir dazu einen konkreten Vorschlag vorlegen“, sagt Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) auf Anfrage des Politikjournals Rundblick.
Schuldenbremse-Regeln sollen nicht zu Lasten der Kommunen gehen
Das Grundgesetz schreibt den Ländern vor, von 2020 an keine neuen Schulden mehr aufnehmen zu dürfen. Wenn es davon Ausnahmen geben soll, etwa für die Bewältigung der Folgen einer Naturkatastrophe oder bei einer drastischen konjunkturellen Entwicklung, müssen die Länder das in eigener Hoheit regeln. Bisher gibt es aber in Niedersachsen weder einen Verfassungsartikel, der sich mit der Schuldenbremse beschäftigt, noch eine Bestimmung in der Landeshaushaltsordnung. Im Finanzministerium interpretiert man diesen Sachverhalt so, dass bei Fehlen von entsprechenden Regeln auch keine Ausnahmen vom strikten Verbot der Kreditaufnahme möglich seien.
Deshalb will Hilbers das Modell eines „Sonderkontos“ in die Landeshaushaltsordnung schreiben. Parallel soll in der Verfassung festgehalten werden, dass eine Anwendung der Schuldenbremse-Regeln nicht zu Lasten der Kommunen gehen sollen. Mit anderen Worten: Wenn das Land in eine konjunkturelle Schwächephase gerät, sollen die Zuschüsse des Landes an die Kommunen nicht gekürzt werden können – und in einer konjunkturellen Boomphase soll verhindert werden, dass das Land den Anteil der Kommunen an den Steuermehreinnahmen kürzt. Das Geld, das vom Land dann auf das Sonderkonto überwiesen werden soll, dürfe nur einen Betrag umfassen, von dem anfangs der Steuerverbundanteil der Kommunen abgezogen worden ist.
Eigene Regeln zur Schuldenbremse in mehreren Bundesländern
Ob sich die SPD/CDU-Koalition zu diesem Modell der Schuldenbremse am Ende tatsächlich durchringt, ist noch offen. Zum einen hatte Ministerpräsident Stephan Weil im vergangenen Jahr Zweifel angedeutet, ob denn eine eigene Landesregelung überhaupt nötig sei. Die CDU ist offenbar viel stärker dieser Ansicht als die SPD. Das mag auch damit zusammenhängen, dass die Konjunkturkomponente zu positiven Zeiten (wie in den vergangenen Jahren) bedeuten würde, einen größeren Teil der jährlich konjunkturell bedingten Mehreinnahmen nicht für Investitionen oder Personal ausgeben zu können, sondern auf einem Sonderkonto zur Seite legen zu müssen.
Hilbers hat aber intern mehrfach betont, dass dieser Weg nach den Vorgaben des Grundgesetzes unausweichlich sei, wenn man im Gegenzug in konjunkturellen Krisenzeiten ausnahmsweise neue Kredite aufnehmen wolle. Mehrere Bundesländer haben bisher eigene Regeln für die Schuldenbremse erlassen – in Bayern beispielsweise wird auf die Konjunkturkomponente, die das niedersächsische Finanzministerium anbieten will, bisher strikt verzichtet. Der Maßstab für den Betrag, der in konjunkturellen Hochphasen auf das Sonderkonto abgezweigt werden muss, soll nicht vom Land selbst definiert werden – sondern aus den Regeln folgen, die der Stabilitätsrat für solche Fälle entwickelt hat, heißt es.