Pistorius und Tonne sollen für das Kabinett die Zeche zahlen
Mit dem Nachtragshaushalt für dieses Jahr hatte die rot-schwarze Landesregierung 100 neue Stellen in den Ministerien geschaffen. Während der Haushaltsberatung für das kommende Jahr hat sich das Kabinett nun mit Vorschlägen beschäftigt, wie diese Stellen in den Jahren 2021 und 2022 wieder eingespart werden sollen. Ein Konzept, das offenbar zwar diskutiert, aber noch nicht endgültig beschlossen worden ist, sieht zwei Ministerien mit besonders hohen Beiträgen vor – das Kultus- und das Innenministerium.
Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) soll demnach 55 Stellen abliefern, also mehr als die Hälfte, Innenminister Boris Pistorius (SPD) 18 Stellen. Dabei hatte das Innenministerium mit dem Nachtragsetat nur drei Stellen zusätzlich bekommen, das Kultusministerium lediglich sechs Stellen. Dieser Vorschlag für die Einsparungen, der in der Klausurtagung der Landesregierung durchaus zu kontroversen Diskussionen geführt haben soll, bemisst die Einsparquoten am Personalkörper der Ressorts. Wegen der vielen Lehrer und Polizisten sind damit Kultus- und Innenministerium am stärksten belastet, je zehn Stellen kommen noch im Justiz- und Finanzministerium hinzu (wegen der relativ vielen Finanzbeamten und Justizbediensteten). Alle anderen Ministerien werden kaum belastet – das Wirtschaftsministerium mit gerade mal knapp zwei Stellen. Sozial-, Agrar-, Umwelt- und Wissenschaftsministerium haben nur etwa rund eine Stelle zu liefern.
Spardruck wirkt nach unten
Der Plan lautet, die Ministerien zur Abgabe eines Stellenbudgets zu verpflichten. Sie sollen also nicht Planstellen abbauen, sondern die zur Bezahlung von Mitarbeitern bereitgestellten Etats entsprechend kürzen. Dieser Schritt fällt in einem sehr großen Personalbudget wie dem Kultusministerium naturgemäß leichter. Trotzdem kann die Rechenmethode als ungerecht bezeichnet werden, denn die 100 neuen Stellen wurden im Frühjahr, als der Nachtragsetat für 2018 aufgestellt wurde, gezielt am Leitungsbereich der Ministerien angesiedelt.
Seinerzeit wurde versprochen, dass dieser Mehrbedarf zeitnah wieder eingespart werden solle. Nach diesem Konzept soll den Ministerien allerdings nicht abverlangt werden, ein Konzept zum Abbau von Stellen in der Ministerialbürokratie (also an der Spitze der Behörde) zu entwickeln, also dort wieder zu kürzen, wo mit dem Nachtragsetat erweitert wurde. Vielmehr sollen sie die Chance erhalten, die Einsparungen auf ihren nachgeordneten Bereich auszuweiten – also auch auf das Budget für Lehrer und Polizisten. Das erleichtert zwar einerseits die Kürzungen, da man auf eine größere Stellenzahl als Grundlage zurückgreifen kann, führt aber zur Verlagerung des Spardrucks in die untergeordneten Behördenstränge.
Drei Kabinettsmitglieder sind fein raus
Die Nutznießer der Stellenaufwertung im Frühjahr waren vor allem drei Kabinettsmitglieder: Für das neugeschaffene Ministerium für Bundes- und Europaangelegenheiten erhielt Ministerin Birgit Honé (SPD) 30 Stellen, für den Ausbau des neuen Bereichs Digitalisierung (und für die Koordination der CDU-geführten Ministerien) bekam Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) 28 Stellen. Dritter Gewinner war seinerzeit Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), der 14 Stellen für die Staatskanzlei hinzubekam.
Je sechs Stellen erhielten Kultus- und Wissenschaftsressort, vier Stellen das Justizministerium, je drei das Sozial- und Innenministerium und je zwei das Finanz-, das Umwelt- und das Agrarressort. Bei den Einsparungen soll das Wirtschaftsministerium mit zwei Stellen herangezogen werden, die Staatskanzlei mit einer Viertelstelle und das Europaministerium mit 9500 Euro, was etwa dem Zehntel einer Stelle entspricht. Ob es sich für die besonders betroffenen Ressorts nun lohnt, gegen den Plan offensiv anzugehen, ist fraglich – denn da seinerzeit auch Weil und Althusmann zu jenen gehörten, die besonders profitierten, könnte jede Kritik an der jetzt vorgeschlagenen Lastenverteilung als Angriff auf die Autorität der Parteichefs gewertet werden.