Pistorius stellt sich Streckenradar künftig auch auf Autobahnen vor
Obwohl die Anzahl der Verkehrsunfälle im vergangenen Jahr zurückgegangen ist, nahm die Zahl der Verkehrstoten zu. Innenminister Boris Pistorius (SPD) setzt deshalb auf bessere Prävention, mehr Kontrollen und zur Not auch härtere Strafen, wie er am Montag bei der Präsentation der polizeilichen Verkehrsunfallstatistik erklärte. Insgesamt 212.137 Verkehrsunfälle erfasste die Polizei 2018 in Niedersachsen. Das ist ein Rückgang um fast zwei Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Doch bei den Verkehrstoten gab es einen Anstieg um rund 3,5 Prozent auf 417.
Besonders augenfällig ist, dass mehr Menschen bei Verkehrsunfällen auf den Bundesautobahnen ums Leben kamen. 59 Menschen verloren 2018 dort ihr Leben, 2017 waren es nur 38. Trauriger Spitzenreiter ist die A2, auf der insgesamt 24 Menschen ums Leben kamen – das sind 13 mehr als im Vorjahr, 15 mehr als auf der A1 und 17 mehr als auf der A7. Das Polizeipräsidium Niedersachsen hatte bereits im vergangenen Jahr direkt auf diese Entwicklung reagiert, die Polizeidirektionen Hannover und Braunschweig verstärkten ihre Kontrollen. Mehr als 25.000 Verstöße hatte man bis zum Jahresende festgestellt. Über einen Effekt der zusätzlichen Kontrollen konnte das Polizeipräsidium allerdings noch keine Auskunft geben.
Mehr Kontrollen – auch durch „Section Control“
Weniger Menschen starben 2018 allerdings durch Unfälle, bei denen der Fahrer die Kontrolle über das Fahrzeug verloren hatte und infolge dessen mit einem Baum kollidierte. Dies passiert vorrangig auf Landstraßen und kam im vergangenen Jahr insgesamt nur noch 96-mal vor – ein Tiefststand für Niedersachsen. Boris Pistorius führt das auf die Präventionsarbeit der Polizei zurück. Mit dieser versucht das Ministerium auch gegen die beiden Hauptursachen für Verkehrsunfälle vorzugehen: zu hohes Tempo und Ablenkung durch mobile Endgeräte. Doch Plakatkampagnen allein reichen oftmals nicht aus.
„Der Mensch ist offenbar so gestrickt, dass er sich nur bei Kontrolle auch an die Regeln hält“, äußert Pistorius und setzt deshalb auf weitere Kontrollmaßnahmen wie zum Beispiel die Strecken-Geschwindigkeitsmessung „Section Control“. Pistorius ist sich sicher, dass die umstrittene Anlage im Mai oder Juni wieder in Betrieb genommen werden kann, wenn das neue Polizeigesetz im Landtag verabschiedet worden ist. Es ließe sich außerdem auch auf Autobahnen übertragen, merkt er an.
Gegen Ablenkung am Steuer helfe jedoch auch keine verkehrsleitende Maßnahme, so Pistorius. Er kann sich deshalb auch mehr Durchgriffsrechte für die Polizei vorstellen. „Die Polizei hat keinen Zugriff auf die Mobilfunkdaten, um bei Unfällen zu kontrollieren, ob der Fahrer zu der Zeit online war.“ Man müsse darüber nachdenken, ob das zu ändern ist. Vorher wolle er aber noch eine wissenschaftliche Studie zu diesem Thema abwarten, die das Ministerium gerade durchführen lässt. Auch höhere Geldstrafen für Fahrer, die sich nicht an die Regeln halten, sind für Pistorius nicht ausgeschlossen. Die Geldstrafen in Niedersachsen seien „im Vergleich moderat“.
Unfälle mit Pedelecs nehmen zu
Neben mehr Kontrollen und weiteren Präventionskampagnen setzt Pistorius auf digitale Helfer im Straßenverkehr. „Fahrassistenzsysteme sind wichtig, weshalb ich mich dafür einsetzen werde, dass wir den verbindlichen Technikstandard in den Fahrzeugen erhöhen“, sagt Pistorius. Außerdem müssten seiner Ansicht nach Abstandsassistenzsysteme nicht nur bei neuen, sondern bei allen Lastwagen verbindlich werden. Dazu sei aber eine bundespolitische Entscheidung notwendig.
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„Beim vernetzten Fahren ist Niedersachsen weit vorne“
Als besonders gefährdete Risikogruppen macht das Ministerium zu Fuß gehende Kinder, Radfahrende junge Erwachsene und Senioren mit sogenannten Pedelecs, also motorisierten Fahrrädern, aus. In allen drei Gruppen nahm im vergangenen Jahr die Zahl der Verkehrsunfälle zu, wobei in der Hälfte der Fälle die betroffenen Personen diese selbst verursacht haben. Besondere Sorgen macht sich das Ministerium über den rasanten Anstieg bei den Unfällen mit Pedelecs. Mehr als 1000 Fälle erfasste die Polizei 2018, im Vorjahr waren es nur 621. Das hänge auch damit zusammen, dass immer mehr Menschen die mit einem Motor verstärkten Fahrräder nutzten. Vor allem Senioren unterschätzten aber die Geschwindigkeit der Elektrofahrräder, die bis zu 25 Stundenkilometer schnell fahren können. Deshalb legt das Ministerium ein Projekt speziell für ältere Menschen auf – analog zu den bisherigen Angeboten für ältere Autofahrer.