Pistorius lässt 500 Body-Cams bestellen – und überrascht die GdP
Innenminister Boris Pistorius hat gestern zum Abschluss des 31. Landesdelegiertentags der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Osnabrück kurzzeitig für Verwirrung gesorgt. Mitten in seiner Rede über die Rückschau seiner Amtszeit ließ er plötzlich den Satz fallen, er habe die Zentrale Polizeidirektion (ZPD) im Oktober angewiesen, 500 Body-Cams beim Logistik-Zentrum Niedersachsen zu bestellen. „Ich dachte, das würde Sie freuen“, schob Pistorius nach, als das Publikum zunächst verhalten reagiert hatte. Doch das dürfte vor allem daran gelegen haben, dass viele der anwesenden Polizisten zunächst nicht glauben konnten, ob sie Pistorius richtig verstanden hatten. Denn noch vor wenigen Wochen hatte es geheißen, die flächendeckende Einführung der Mini-Kameras für Einsätze würde sich auf unbestimmte Zeit verzögern. Zumindest, bis ein neues Polizeigesetz verabschiedet ist, dass den Einsatz der Body Cams auf rechtlich sicheren Boden stellt. Pistorius geht jedoch davon aus, dass das Gesetz bald kommen und dann auch Tonaufnahmen ermöglichen wird. SPD und CDU beraten in ihren Koalitionsverhandlungen unter anderem auch über die Frage, ob rasch ein neues Polizeigesetz kommen soll.
„In den anderen Bundesländern, in denen Body-Cams genutzt werden, ist das rechtlich auch möglich gemacht worden. Da schaffen wir das auch“, sagte der Innenminister im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. In den Lagerräumen der ZPD werden die Kameras bis zu diesem Zeitpunkt aber nicht liegen bleiben. Denn ihr stummer Einsatz sei vom Artikel 32 Absatz vier des Niedersächsisches Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung (SOG) gedeckt, das sei vom Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtags bestätigt worden, sagte Pistorius. Ein eingeschränkter Betrieb sei also heute schon möglich.
Die 500 neuen Kameras werden nach Angaben von Landespolizeipräsident Uwe Binias „brennpunktorientiert“ an die Inspektionen und Kommissariate verteilt. „Nicht überall braucht man im Einsatz eine Body-Cam, also bekommen die Städte und die Kommissariate in Ballungsräumen zunächst welche.“ Auch werde nicht jeder Polizist eine Kamera bekommen, sondern sie werden je nach Einsatzlage ausgegeben. Die Entscheidung für die flächendeckende Einführung sei Pistorius zufolge gefallen, weil die Ergebnisse des Pilotversuchs zu Jahresbeginn durchweg positiv ausgefallen seien. Dietmar Schilff, frisch im Amt bestätigter Vorsitzender der GdP, lobte den Schritt des Innenministers. „Die flächendeckende Einführung der Body-Cams war und ist ein Kernbestandteil unserer Forderungen“, sagte Schilff gegenüber dem Rundblick. Es reiche jedoch nicht, dass die Geräte nur Bildmaterial aufzeichneten, auch Ton müsste mitgeschnitten werden dürfen. Daher müsse ein verändertes SOG möglichst schnell beschlossen werden.
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140 Landesdelegierte der GdP hatten sich für drei Tage in Osnabrück getroffen, um ihren Vorstand neu zu wählen und die politische Ausrichtung der kommenden Jahre zu bestimmen. Im Kern wird es weiter darum gehen, die Attraktivität des Polizeiberufs in Niedersachsen zu steigern. Eine zentrale Forderung ist deshalb die Wiedereinführung des Weihnachts- und Urlaubsgelds. „Es kann schlichtweg nicht sein, dass ein Kommissar in Niedersachsen 300 Euro weniger verdient als ein Kommissar in Nordrhein-Westfalen“, sagt Schilff. Hierbei gehe es nicht nur um Gerechtigkeit, sondern auch um die Wertschätzung einer Arbeit, die teilweise sehr belastend ist. Ebenfalls ein Augenmerk legt die Gewerkschaft auf das Thema Beurteilung. „Das System ist ungerecht und deshalb ein Dauerthema unter den Beamten“, sagt Schilff. Denn viele Beamte haben dadurch nicht die Möglichkeit, befördert zu werden. Hier müsse die Politik rasch aktiv werden. Unsicher blickt Schilff nicht auf die rot-schwarzen Koalitionsverhandlungen, sagt er, wohl aber neugierig. „Die Parteien haben unsere Forderungen vorliegen, und wir werden jetzt abwarten, wie viel davon in den Koalitionsvertrag übernommen wird.“ Nach Rundblick-Informationen wird die SPD-Forderung, im neuen Polizeigesetz den Begriff der „öffentlichen Ordnung“ zu streichen, nicht aufgenommen werden. (isc)