Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages (GBD) sieht bei der geplanten Pflegekammer in Niedersachsen ein verfassungsrechtliches Risiko. Die Verfassungsmäßigkeit sei nicht ganz eindeutig, hieß seitens des GBD in der Sitzung des Sozialausschusses des Landtages. Ein Problem könne der Beitrag der neuen Pflegekammer sein. Bisher wird von einem monatlichen Beitrag in einer Höhe von etwa acht Euro ausgegangen. Zum Vergleich: Bei der Arbeitskammer in Bremen liegt der Beitrag bei 0,15 Prozent des Bruttoeinkommens. Die finanzielle Belastung für die Zwangsmitglieder der Pflegekammer wäre höher.

Kritisch wird gesehen, dass zum ersten Mal eine berufsständische Vertretung für eine Gruppe geplant ist, die größtenteils aus abhängig Beschäftigten besteht. Daher seien die Mitglieder stärker in Hierarchien und Weisungsketten eingebunden, als dies bei Mitgliedern anderer Kammern der Fall sei. Traditionell seien die Kammern bisher für freie Beruf wie Rechtsanwälte oder Ärzte gegründet worden.

„Wir glauben, dass das Risiko nicht so groß ist“, sagte der SPD-Sozialpolitiker Uwe Schwarz im Ausschuss. Schließlich gebe es Pflegekammern bereits in zwei Bundesländern, und dort habe es bisher keine Verfassungsklagen gegeben. Die Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit kämen meistens von denjenigen, die die Pflegekammer inhaltlich ablehnten. Der CDU-Sozialpolitiker Max Matthiesen fragte, warum Arbeitgeber im Pflegebereich nicht zumindest freiwillig Mitglied der Pflegekammer werden können. Sie seien schließlich ohnehin an den Berufsstand „eng gekoppelt“.

Schwarz erwiderte, die Arbeitgeber seien schließlich schon in Arbeitgeberverbänden organisiert. „Ich weiß gar nicht, was die da sollen?“, fragte Schwarz. Mit einer Mitgliedschaft in der Kammer kämen die Beschäftigten nach wie vor nicht auf Augenhöhe. Schwarz plädierte allerdings dafür, die Arbeitgeber zu verpflichten, die Pflegekräfte der Kammer zu melden. Das sei vor allem beim Start der Pflegekammer zwingend notwendig. „Niemand weiß, welche Pflegekräfte wo genau arbeiten“, so Schwarz.

Von der neuen Pflegekammer in Niedersachsen wären rund 70.000 der insgesamt 120.000 Mitarbeiter betroffen. Nach Inkrafttreten des Gesetzes sollen innerhalb eines Jahres die erforderlichen Strukturen für die Pflegekammer geschaffen und die Wahlen zur Kammerversammlung durchgeführt werden.

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