Ostfriesisches Gespann der Spitze der SPD-Fraktion
Eine Woche nach der im Amt bestätigten Fraktionsvorsitzenden haben die SPD-Abgeordneten im Landtag jetzt auch einen Parlamentarischen Geschäftsführer bestimmt – es ist der 39-jährige frühere Bankkaufmann Wiard Siebels aus Aurich, bisher Agrarexperte der Landtagsfraktion. Seine Vorsitzende Johanne Modder kommt aus dem Nachbarlandkreis Leer, damit wird die Fraktion jetzt von einem ostfriesischen Gespann geführt. Für Siebels sprachen sich in der Sitzung am Dienstag 49 Abgeordnete aus, gegen ihn vier, einer hat sich enthalten. Bisher war der Nienburger SPD-Abgeordnete Grant Hendrik Tonne Parlamentarischer Geschäftsführer gewesen, doch eine Wiederwahl war unmöglich, da er die Rückkehr in den Landtag verpasst hatte.
Es war lange unklar geblieben, wen Modder für die Tonne-Nachfolge vorschlagen würde. Da es sich um eine besondere Vertrauensstellung handelt und die Vorsitzende mit dem Parlamentarischen Geschäftsführer harmonieren muss, hatte sie das Recht, einen Abgeordneten ihrer Wahl zu nominieren. Im Vorfeld war spekuliert worden, das Amt könne Ulrich Watermann aus Bad Münder oder Christos Pantazis aus Braunschweig übernehmen. Eine gewisse Logik hätte darin gelegen, da beide nicht aus dem SPD-Bezirk Weser-Ems stammen und das Übergewicht eines einzigen Bezirkes in der Fraktionsspitze vermieden werden soll. Dieser Grundsatz, der schon früher zu Regierungszeiten der SPD verletzt worden war, wird jetzt wieder durchbrochen. Dies wird SPD-intern durchaus engagiert diskutiert, und auf den Fluren des Landtags kursieren nun zwei mögliche Erklärungen.
Die einen sagen, mit Modder und Siebels als Weser-Ems-Sozialdemokraten an der Spitze werde es unwahrscheinlicher, dass die beiden starken SPD-Minister aus Weser-Ems, Boris Pistorius (Osnabrück) und Olaf Lies (Friesland), im Amt bleiben. Womöglich, heißt es, müsse Lies aus dem Kabinett ausscheiden. Die anderen erwidern, der Bezirksproporz sei in der SPD deshalb momentan völlig nachrangig, da es in der Partei nur noch ein einziges, fast übermächtiges Machtzentrum gebe – den Ministerpräsidenten Stephan Weil aus Hannover.
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Aus dieser Sicht sei es fast schon vorteilhaft für die Machtverteilung, wenn neben Weil möglichst wenige andere Vertreter des SPD-Bezirks Hannover, der fast die Hälfte aller SPD-Mitglieder in Niedersachsen stellt, in Führungsfunktionen aufrücken. Die voraussichtliche nächste Landtagspräsidentin, Gabriele Andretta aus Göttingen, kommt aus dem SPD-Bezirk Hannover. Kultusministerin Frauke Heiligenstadt, die auch dazu gehört, hat vor wenigen Tagen ihren Rückzug erklärt.
Bisher schlecht repräsentiert in leitenden Funktionen ist der SPD-Bezirk Braunschweig, der nach den guten Ergebnissen bei der Landtagswahl durchaus mit Selbstbewusstsein in den bevorstehenden parteiinternen Gesprächen auftreten kann. Er stellt mit Detlef Tanke aus Gifhorn den SPD-Generalsekretär, der jedoch mit der Vorstandsneuwahl beim Landesparteitag im April oder Mai 2018 ausscheiden dürfte. Gut möglich ist, dass dieses Amt, wenn es denn wieder besetzt wird, erneut an einen Braunschweiger geht. Auch Finanzminister Peter-Jürgen Schneider, der in Hannover wohnt, aber aus Salzgitter kommt, könnte demnächst aufhören. Er ist der bisher einzige Sozialdemokrat aus diesem Parteibezirk Braunschweig im Kabinett.