Die Staatsanwaltschaft Hannover hat in den vergangenen Monaten mehrere Journalisten, die über landespolitische Vorgänge in Niedersachsen berichten, als Zeugen vorladen wollen. Sie sollten sich äußern zu Vorwürfen, es seien Geheimnisse aus Ministerien verraten worden. In den meisten Fällen endete der Versuch ergebnislos – die Betroffenen verwiesen auf ihr journalistisches Zeugnisverweigerungsrecht und wurden daraufhin nicht weiter von der Justiz behelligt. Gleichwohl hat der Vorgang nun ein landespolitisches Nachspiel. Die CDU-Landtagsfraktion richtete eine Anfrage an die Landesregierung, um etwas über das Ausmaß der Aktion und eventuelle Motive der Justizbehörden zu erfahren. Regierungssprecherin Anke Pörksen sagte am Mittwoch in der Sitzung der Landespressekonferenz: „Wir werden uns die Sache genau anschauen und dann dazu Stellung nehmen.“ Der Verdacht steht im Raum, die Vorladungen der Journalisten könnten ein Versuch der Einflussnahme auf ihre Berichterstattung sein. Ein Sprecher des Justizministeriums sagte, erst aktuell von dem Vorgang erfahren zu haben. Die Staatsanwaltschaft Hannover, die in solchen Verfahren in eigener Hoheit handele, habe vorher das Ministerium nicht im Einzelnen über die Vorladungen informiert. Dies sei aber bei besonderen Vorgängen sonst üblich. Die Staatsanwaltschaft widersprach und meinte, über alle wesentlichen Vorgänge des Ministeriums selbstverständlich in Kenntnis gesetzt zu haben.

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In den vergangenen Monaten waren wiederholt interne Dokumente der Landesregierung in den Medien bekannt geworden, vieles davon steht im Zusammenhang mit dem Islamismus-Untersuchungsausschuss. Auch andere Vorgänge, die das Innenministerium betreffen, waren an die Medien durchgesickert. Ein Sprecher des Innenministeriums verwies am Mittwoch auf eine Bestimmung der Strafprozessordnung, wonach jeder Polizist zur Strafanzeige verpflichtet sei, sobald er Hinweise auf einen Gesetzesverstoß erfahre. Mehr Angaben machte er nicht dazu. In der Landespressekonferenz wird über mindestens fünf Fälle berichtet, in denen landespolitische Journalisten Post von der Staatsanwaltschaft Hannover – teilweise in Verbindung mit einer förmlichen Vorladung – erhalten hatten. Das betraf Berichterstatter des Politikjournals Rundblick, der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung, der Nordwest-Zeitung und der Neuen Presse.

Es sei ungewöhnlich, dass die Staatsanwaltschaft etliche Verfahren eröffne, von denen sie „nach eigener Aussage von vornherein keinen Erkenntnisgewinn erwartet“, sagte der CDU-Fraktionsgeschäftsführer Jens Nacke. Die Frage sei, ob mit dem Vorgehen der Justiz Journalisten eingeschüchtert werden sollten. In einer Anfrage an die Landesregierung will Nacke wissen, ob die Führungsspitzen von Innen- und Justizministerium, also Minister und Staatssekretäre, vorher von diesen Dinge Kenntnis gehabt hätten. Stefan Birkner (FDP) meinte, die Landesregierung sei in der Pflicht, den Verdacht der Einschüchterung von Journalisten „vollständig auszuräumen“. Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Hannover, Thomas Klinge, wies den Vorwurf der Einschüchterung von Journalisten zurück. Dies sei „nie die Absicht gewesen“, er habe auch noch keinen Journalisten erlebt, der sich von einer Vorladung „unter Druck gesetzt gefühlt“ habe. Dass aber die Informanten der Journalisten, die verbotenerweise vertrauliche Unterlagen weitergereicht haben könnten, eingeschüchtert fühlen könnten, könne sein – sei aber auch legitim. Der Vorwurf laute, Dienstgeheimnisse preisgegeben zu haben – und dort habe „die Staatsanwaltschaft die Pflicht, dem nachzugehen“, sofern es einen Anfangsverdacht gebe.