Die Zahl der Arbeitslosen in Niedersachsen, die im vergangenen Jahr an staatlich geförderten Programmen zur beruflichen Weiterbildung teilgenommen haben, ist stark zurückgegangen – und zwar stärker als in anderen Bundesländern. Das geht aus der Antwort der Bundesregierung auf eine „kleine Anfrage“ der Linken-Bundestagsabgeordneten Sabine Zimmermann (Sachsen) hervor.

Ihre Namensvetterin, die Wolfsburger Linken-Bundestagsabgeordnete Pia Zimmermann (Niedersachsen), fordert drastische Konsequenzen. „Die Landesregierung muss sich endlich für eine Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik einsetzen. Die Mittel für berufliche Weiterbildung müssen deutlich aufgestockt werden“, erklärte Pia Zimmermann auf Anfrage des Politikjournals Rundblick. Der Alfelder Linken-Kommunalpolitiker Lars Leopold, Mitglied des Landesvorstandes, ergänzte: „Vor allem müssen wir hier die Hartz-IV-Empfänger im Blick behalten.“

Die Landesregierung müsse sich endlich für eine Neuausrichtung der Arbeitsmarktpolitik einsetzen:, fordert Pia Zimmermann.

Die Antwort auf die Linken-Anfrage im Bundestag, die dem Politikjournal Rundblick vorliegt, berichtet über 2302 Personen, die 2017 eine Weiterbildung mit dem Ziel eines Berufsabschlusses begonnen haben. Darin sind sowohl Hartz-IV-Empfänger enthalten als auch Personen, die Arbeitslosengeld I erhalten. Im Jahr 2010 seien dies in Niedersachsen aber noch 3906 Personen gewesen, also ist in Niedersachsen zwischen 2017 und 2010 ein Rückgang um 41,1 Prozent zu verzeichnen. Damit ist das Ergebnis viel drastischer als im Bundesdurchschnitt, dort wurde im Vergleich der beiden Jahre nur ein Minus von 27,1 Prozent ermittelt. Verschärfend kommt nun hinzu, dass in Niedersachsen der Anteil der Arbeitslosen ohne abgeschlossene Berufsausbildung besonders hoch ist, er liegt bei 61,2 Prozent – im Bundesdurchschnitt sind es 57,5 Prozent.

„Das kann nicht tatenlos hingenommen werden“

Die Frage, wie viele Hartz-IV-Empfänger unter denen sind, die eine berufliche Weiterbildung beginnen, ist nicht nach einzelnen Bundesländern aufgeschlüsselt. Aus den Bundeszahlen für den Vergleich von 2017 und 2010 folgt aber, dass 38 Prozent weniger Hartz-IV-Empfänger, aber nur 17 Prozent weniger Arbeitslosengeld-I-Empfänger die Fortbildungsprogramme begonnen haben. Es waren 2017 bundesweit 19.250 Arbeitslosengeld-I-Empfänger und 12.631 Hartz-IV-Empfänger.

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Pia Zimmermann mutmaßt nun, dass diese Entwicklung auf Niedersachsen übertragbar sein könnte. Wenn das so wäre, dann verschärfe sich das Problem der mangelnden Nutzung von beruflichen Weiterbildungskursen vor allem bei den besonders Schwachen, den Hartz-IV-Empfängern. „Arbeitslose brauchen endlich einen Rechtsanspruch auf Weiterbildung“, betont Zimmermann.

Ihr Parteifreund Leopold meint, mit den lediglich 2302 Neueintritten bei Weiterbildungsprogrammen im Jahr 2017 würden in Niedersachsen „nur 2,1 Prozent aller Arbeitslosen ohne abgeschlossene Berufsausbildung die Chance auf eine Qualifikation erhalten“, damit rutsche Niedersachsen „auf den viertletzten Platz bundesweit“. Das könne nicht tatenlos hingenommen werden. Die Linken-Politiker hegen den Verdacht, die Arbeitsverwaltung schichte intern Mittel um und stelle nicht genügend für solche Projekte bereit.


Lesen Sie auch:

Offene Stellen erreichen neues Rekordhoch

Arbeitslosenzahlen so niedrig wie nie, aber Flüchtlinge und Ungelernte haben es schwer


Dem widerspricht Klaus Oks, Geschäftsführer der Regionaldirektion der Arbeitsagentur. Genügend Geld stehe bereit, genügend Angebote gebe es auch. Da während der Weiterbildung eine Vergütung in Höhe des Arbeitslosengeldes gezahlt werde, wollten viele Betroffene nicht einsteigen – denn als Helfer könnten sie bei der derzeitigen Arbeitsmarktlage ein höheres Einkommen erzielen. Viele seien leider nicht bereit, in eine Ausbildung zu investieren und dabei vorübergehend Gehaltseinbußen hinzunehmen. Einen zweiten Grund sieht die Arbeitsagentur nach den Worten ihrer Sprecherin darin, dass immer weniger Arbeitslose für eine Umschulung geeignet seien, da sie „vom Lernen entwöhnt“ seien oder sich Erfolge hier nicht mehr zutrauten.