„Ganz gezielt, ganz konkret, ganz verbindlich“: Sozialministerin Cornelia Rundt hat gestern in Hannover den Aktionsplan für Inklusion in Niedersachsen vorgestellt. Er enthält über 200 Punkte, die in diesem und im nächsten Jahr angegangen werden sollen. „Wir haben ihn nicht ausgearbeitet, um ihn zu beschließen und danach ordentlich abzuheften. Die Maßnahmen sollen umgesetzt werden, und danach wird es einen neuen Aktionsplan geben. Wir haben ein laufendes, dynamisches System“, erklärte Rundt. Ende des Jahres solle es ein Treffen mit den Fachverbänden geben, um den aktuellen Stand der Umsetzung zu prüfen.

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Als wichtigen Bereich nannte Rundt die Bewusstseinsbildung. „Alle Mitarbeiter der Landesverwaltung sollen die Inklusion immer von Beginn an mitdenken und nicht erst nachträglich prüfen, ob bei einem Gesetzentwurf oder einer Verordnung an Menschen mit Behinderung gedacht wurde.“ Vieles müsse auch nicht teurer werden, wenn es von Beginn an barrierefrei geplant werde, sagte Rundt und bezog sich auf das Beispiel der Stadtentwicklung. Sie wünscht sich, dass barrierefreies Bauen in Zukunft der Standard und damit auch günstige Massenware wird. „Das nicht-barrierefreie Bauen sollte außergewöhnlich und damit teurer werden, Barrierefreiheit sollte selbstverständlich sein.“

"Nicht so wichtig, dass hinter allen Punkten ein Haken ist, sondern dass alle Themen angegangen werden": Petra Wontorra (Mitte) - Foto: MB.

„Nicht so wichtig, dass hinter allen Punkten ein Haken ist, sondern dass alle Themen angegangen werden“: Petra Wontorra (Mitte) – Foto: MB.

Ein Begleitgremium soll kontinuierlich prüfen, wie die über 200 geplanten Aktionen umgesetzt werden, sagte Petra Wontorra, Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen. „Wichtig ist, dass das Ganze nicht erst Ende Dezember 2018 evaluiert wird, sondern stets und ständig“, so Wontorra. Ihr sei nicht so wichtig, dass hinter allen Punkten ein Haken sei, sondern dass alle Themen angegangen würden. Der Geschäftsführer des Blinden- und Sehbehindertenverbandes Niedersachsen, Hans-Werner Lange, lobte, durch den Aktionsplan werde die Zusammenarbeit verbindlich. Darunter seien viele Punkte, die in dem Zeitraum auch umsetzbar sind. „Inklusion braucht auch Erfolge“, so Lange. Er sieht im privaten Bereich noch einen großen Nachholbedarf, zum Beispiel in der Wirtschaft. „Hier sind die USA viel weiter.“

Der Aktionsplan sieht unter anderem vor, die Barrierefreiheit im öffentlichen Personennahverkehr in Zukunft stärker zu berücksichtigen. Dazu sollen Menschen mit Behinderungen in Zukunft bei allen Planungen und Ausschreibungen in diesem Bereich stärker einbezogen werden. Es gebe noch viel zu tun, sagte Petra Wontorra im Gespräch mit dem Rundblick. „Es gibt im Land immer noch viel zu viele Bahnsteige, die nicht barrierefrei sind. Im ländlichen Raum ist das besonders wichtig. Wer kein Auto hat, muss auch dort von A nach B kommen können.“ Auch eine Fahrt im ICE könne Menschen mit Behinderungen vor Probleme stellen. „Sie können teilweise nur bis 20 Uhr fahren, weil es danach keine Ausstiegshilfe mehr gibt.“

Für den öffentliche Nahverkehr soll dem Plan zufolge eine Beschwerdestelle eingerichtet werden. Wontorra sagte, bei ihr laufe im Durchschnitt einmal am Tag eine Beschwerde auf. „Wenn ein Fahrstuhl am Bahnhof zwei oder drei Monate ausfällt, kommen manche Menschen zum Beispiel nicht zum Arzt, weil sie sich nicht als Alternative ein Taxi leisten können. Gerade Menschen mit Behinderungen verfügen in der Regel nicht über viel Geld.“ In Niedersachsen leben über 1,3 Millionen Menschen mit Behinderung, damit ist etwa jeder sechste Bürger von dem Aktionsplan betroffen.