Die Pläne der CDU, eine Landesliste für die Europawahl aufzustellen, wurden in diesem Jahr von einigen taktischen Winkelschlägen und Unwägbarkeiten überschattet. Nicht nur bei einer, sondern gleich bei drei Positionen gab es Kampfabstimmungen. Als Verlierer gehen der Bezirksverband Hildesheim und die Landesverbände Oldenburg und Braunschweig vom Platz.

Sorgte für eine Überraschung auf dem Parteitag: Lena Dupont aus Gifhorn – Foto: KW

Eine Überraschungssiegerin gibt es auch: Die 32-jährige Politologin Lena Dupont aus Gifhorn, früher Mitarbeiterin verschiedener Abgeordneter in Brüssel und Berlin und derzeit Redakteurin für ein Gifhorner Stadtmagazin, errang für ihren Bezirksverband Lüneburg die begehrte Position drei. Die Mutter einer dreijährigen Tochter schlug mit 60 Stimmen die vorher als Favoritin gehandelte frühere Bundestagsabgeordnete Ute Bertram (57) aus Hildesheim, die 58 Stimmen bekam. Wenn die Absprachen der Bezirksvorstände von den 115 Delegierten des CDU-Gremiums befolgt worden wären, hätte eigentlich Bertram vorn liegen müssen. In CDU-Kreisen hieß es anschließend, der Lüneburger Bezirksverband habe geschickt taktiert. Einige verübeln auch CDU-Landeschef Bernd Althusmann, der ebenfalls zum Bezirk Lüneburg zählt, dass er vor der Wahl in der Versammlung eine knappe Bemerkung gemacht hatte, die man als Einflussnahme zugunsten von Dupont und zu Lasten der Hildesheimer Kandidatin interpretieren könnte.

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Auch die CDU-Frauenunion musste bei der Listenaufstellung eine Niederlage einstecken. Während in der CDU inzwischen bundesweit über eine stärkere Frauenförderung gerungen wird, hatten Niedersachsens CDU-Frauen versucht, zumindest die Plätze drei und vier für ihre Kandidatinnen zu erobern. Bis einschließlich Platz vier gilt die Liste als ziemlich sicher. Nun sind zwar unter den ersten elf Plätzen sechs Frauen, aber unter den ersten vier aussichtsreichen mit Lena Dupont nur eine einzige. Angeblich will die CDU-Frauenunion daraus Lehren ziehen und künftig parteiintern anders auftreten, hieß es.

In der nicht-öffentlich tagenden Listenaufstellung war zunächst der Spitzenkandidat unumstritten. David McAllister (47), ehemaliger Ministerpräsident und Vorsitzender des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, bleibt souverän auf Platz eins. Platz zwei geht an Jens Gieseke (47) aus dem Emsland, Platz drei entschied Dupont gegen Bertram für sich.

Auf Rang vier schlug der JU-Landesvorsitzende Tilman Kuban (31) aus Hannover den Kandidaten aus Oldenburg, Stefan Gehrold (53), mit 76 gegen 43 Stimmen. Gehrold trat dann noch einmal auf Rang fünf an und besiegte dort mit 62 gegen 53 Stimmen die Kandidatin des Landesverbandes Braunschweig, Martina Sharman (51). Beobachter meinen, der Erfolg des umstrittenen Gehrold auf Rang fünf sei wichtig gewesen, da sich die Oldenburger sonst womöglich in eine Schmollecke zurückgezogen hätten. Für die CDU Braunschweig sei das nicht so schlimm, da die Gifhornerin Dupont auch als „halbe Braunschweigerin“ gelten könne.

Bernd Althusmann, David McAllister und Kai Seefried nach dem Parteitag – Foto: KW

Der CDU-Landesvorsitzende Althusmann sagte anschließend, in der Europawahl gehe es um die entscheidende Auseinandersetzung zwischen den pro-europäischen demokratischen und den anti-europäischen populistischen Kräften. McAllister betonte, die CDU wolle mit der Europäischen Volkspartei stärkste Kraft im EU-Parlament werden, ein Bündnis aller demokratischen Kräfte anführen und mit Manfred Weber als neuen EU-Kommissionspräsidenten die Geschicke bestimmen. Der Brexit ist laut McAllister „ein schwerwiegender historischer Fehler“, der aber als Meinungsbildung der Briten respektiert und deshalb auch umgesetzt werde.