Mehr Geld für Beamte? Die CDU will einem fahrenden Zug eine neue Richtung geben
Vergangenen März, als die SPD-Landtagsfraktion mit der Forderung nach einem Weihnachtsgeld für Beamte vorgeprescht war, reagierte der Koalitionspartner CDU noch betont kühl: Die bevorstehende Steuerschätzung werde eine Abschwächung der Konjunktur anzeigen – insofern sei für eine solche Mehrausgabe wohl nicht mehr genug Geld in der Kasse. Die SPD selbst habe ja ihren Beschluss eingeschränkt mit dem Hinweis: „Nur dann, wenn genügend Einnahmen vorhanden sind.“ Tatsächlich wird inzwischen ein geringerer Steuerfluss vorhergesagt. War also die SPD-Initiative nur heiße Luft?
Bis gestern hat sich auch der andere Teil der Koalition, die CDU-Landtagsfraktion, über ihre politischen Ziele in einer Klausurtagung in Verden verständigt. Und siehe da: Auch bei der CDU taucht das Thema plötzlich auf, wenn auch mit etwas anderen Schwerpunkten. Während die SPD von einem Weihnachtsgeld spricht, wie im Übrigen auch die Gewerkschaften, der Beamtenbund und sogar die Kommunalverbände, redet die CDU von einer „Attraktivitätssteigerung für den öffentlichen Dienst“. Beides läuft unterm Strich auf das Gleiche hinaus: Aus dem Landesetat soll eine Summe von rund 80 bis 100 Millionen Euro jährlich mobilisiert werden, mit der die Einkommenssituation der rund 200.000 Beamten und Pensionäre in Niedersachsen verbessert werden soll.
Weihnachtsgeld soll den öffentlichen Dienst attraktiver machen
Wieso ist der Druck gegenwärtig so groß, dass die Befindlichkeit der Beamten auf einmal zum zentralen Thema für das Land geworden ist? Zum ersten haben die Vertreter von Beamtenbund und DGB erst vor wenigen Tagen im Haushaltsausschuss des Landtags berichtet, dass es in vielen Verwaltungen – auch der Kommunen – immer schwerer fällt, für freie Stellen geeignete Bewerber zu finden. Zum zweiten ist Niedersachsen seit der Abschaffung des Beamten-Weihnachtsgeldes 2005 im Ranking der Besoldung seiner Landesbeamten auf Platz 13 oder 14 unter den 16 Bundesländern gerutscht. Die Nachbarn also bieten Wettbewerbsvorteile – etwa bei der Polizei oder, ganz deutlich, auch bei den Grundschullehrern.
Mehrere Länder sind dabei, die Eingangsstufe hier von A12 auf A13 anzuheben. Allerdings: Noch stehen die Bewerber für den Lehrerberuf in Niedersachsen Schlange. Zum dritten hat das Bundesverwaltungsgericht im vergangenen Jahr die Ansicht vertreten, die niedersächsische Besoldung sei – wegen der Weihnachtsgeldkürzung – in den unteren Einkommensstufen verfassungswidrig, da der Abstand zum Existenzminimum unterschritten werde. Der Fall liegt jetzt dem Bundesverfassungsgericht vor, viele Beobachter spekulieren, es sei nur eine Frage der Zeit, bis sich die Karlsruher Richter dieser Einschätzung anschließen und Reformen verlangen.
Mehrausgaben können Stellenabbau nach sich ziehen
Nun hat Finanzminister Reinhold Hilbers bis in die letzten Tage vor Beginn der CDU-Klausur beteuert, die Steuerschätzung gebe „keinen Spielraum“ für Mehrausgaben im öffentlichen Dienst. Wenn man das wolle, so meinte Hilbers, dann müsse man gleichzeitig auch Kürzungsvorschläge unterbreiten. In der Klausurtagung wurde darum gerungen, und manche in der Fraktionsführung hätten sich wohl gewünscht, dass das Finanzministerium in dieser Sache selbst die Initiative übernommen hätte. Hilbers allerdings blieb skeptisch. Am Ende votiert eine Mehrheit für ein Weihnachtsgeld. Sogar ein Plan wird entwickelt, und zur Gegenfinanzierung bringt die CDU die Verwaltungsreform wieder ins Gespräch. Der Gedanke lautet, dass Mehrausgaben im Personaletat des Landes mit Kürzungen im gleichen Haushaltstitel einhergehen müssten – etwa durch ein Ausdünnen des Personalbestandes im öffentlichen Dienst. Dieser Schritt wird möglich wegen der Digitalisierung, sobald Verwaltungsprozesse anstelle von Mitarbeitern künftig von Computern erledigt werden. Das heißt: Die CDU will der vor ein paar Wochen eingerichteten Reformkommission der Landesregierung, die bisher im stillen Kämmerlein dahindümpelt, neuen Schwung und eine sehr viel stärkere Zielrichtung geben – als ein Reformmotor. Ob die Sozialdemokraten das mittragen werden, zumal doch gerade Ministerpräsident Stephan Weil seit Beginn seiner Amtszeit noch keinen Reformeifer im öffentlichen Dienst erkennen ließ?
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Spannend wird nun, auf welchen Weg sich die Landesregierung in ihrer Kabinettsklausur Ende Juni verständigen wird. Das SPD-Modell könnte so aussehen, dass jeder der 200.000 Beamten und Pensionäre von 2020 an ein einmaliges Weihnachtsgeld von womöglich 500 Euro erhält – das bedeutet unterm Strich 100 Millionen Euro an jährlichen Ausgaben des Landes zusätzlich. Bisher hat die SPD eine konkrete Summe noch nicht benannt, hartnäckig halten sich aber diese 500 Euro. Das CDU-Gegenmodell ist etwas differenzierter und sieht mehrere Schritte vor: Für die 130.000 aktiven Landesbeamten könnte das Weihnachtsgeld 300 Euro betragen, für jedes Kind könne noch einmal 50 Euro hinzukommen. Bisher gibt es die Kinderkomponente bereits, sie beträgt 120 Euro für jedes Kind eines Beamten. Für jedes dritte und weitere Kind werden 400 Euro gezahlt. Es würden dann nach den Beschlüssen 170 Euro für jedes erste und zweite Kind gezahlt, 450 Euro für jedes dritte und weitere Kind. Bei den 70.000 Pensionären soll das Weihnachtsgeld nach den CDU-Vorstellungen 200 Euro betragen. Da diese Ausgaben unterhalb der Summe von 100 Millionen Euro jährlich liegen dürften, bliebe nach dem CDU-Modell noch Raum für weitere Ausgaben – etwa die geplanten 500 Beförderungen bei Finanzämtern, Strafvollzug und Polizeiverwaltung.
CDU-Fraktionschef Dirk Toepffer sagte, man hätte „in den vergangenen Jahren schon etwas tun müssen“ für die Beamten – nur sei die CDU bis 2017 nicht an der Regierung gewesen. Jetzt aber wollten die Christdemokraten dafür sorgen, dass beispielsweise Beamten-Heimarbeit besser möglich wird, dass das Gesundheitsmanagement in der Landesverwaltung verstärkt wird, dass eine Sonderlaufbahn für Technik und IT-Berufe geschaffen wird und dass eine Qualifizierungsoffensive in den Behörden beginnt. Eine „globale Minderausgabe“ von jährlich 80 Millionen sei geplant, diese wird anteilig auf alle Ministerien umgelegt. In den nächsten fünf Jahren werde der Betrag geringer – da der Stellenabbau sich immer stärker entlastend bemerkbar machen werde. Diese Forderungen, sagte Toepffer, seien „mit Finanzminister Reinhold Hilbers geeint“, dies sei aber „nicht ganz einfach“ gewesen. (kw)
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