Martin Schulz ernennt Boris Pistorius zu seinem Verantwortlichen für Innenpolitik
Ob Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) im Fall einer SPD-Beteiligung an der nächsten Bundesregierung neuer Bundesinnenminister wird, bleibt weiter fraglich. In der politischen Planung des Osnabrücker Sozialdemokraten ist dieser Weg nicht, denn er kandidiert für den Landtag und will nach eigenem Bekunden sein bisheriges Amt weiter ausüben. Allerdings hat SPD-Kanzlerkandidat Martin Schulz Pistorius nun für die Zeit des Bundestagswahlkampfs als seinen innenpolitischen Fachmann rekrutiert. „Er wird an meiner Seite für dieses Thema verantwortlich sein“, sagte Schulz am Donnerstag in Berlin während einer Pressekonferenz, in der er und Pistorius ein Thesenpapier zur Innenpolitik vorstellten.
Pistorius werde „das Gesicht der sozialdemokratischen Innenpolitik sein“, hieß es nach der Pressekonferenz. Ob es in der heißen Phase des Bundestagswahlkampfes eine Kernmannschaft oder gar ein Schattenkabinett von Schulz geben wird, ist noch nicht klar. Falls ja, dürfte Pistorius darin wohl eine wichtige Rolle einnehmen.
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Die Vorstellung des Papiers zur Innenpolitik in Berlin war auch von einigen Merkwürdigkeiten begleitet. So sagte Schulz, aus seiner Sicht sei die Innenpolitik „denkbar schlecht geeignet für den Wahlkampf“. Damit stellte er sich gewissermaßen in Widerspruch zum Tenor der Veranstaltung, in der es ja gerade um die innenpolitischen Vorstellungen der Partei geht. Ein generelles Nein der SPD zu Abschiebungen nach Afghanistan, wegen der derzeit dort angespannten Sicherheitslage, kam von Schulz und Pistorius nicht. Vielmehr sollten Abschiebungen auf sogenannte Gefährder, also potenziell gewalttätige Menschen, beschränkt bleiben. Jusos und Grüne Jugend in Niedersachsen erklärten gestern, es müsse einen absoluten Abschiebestopp nach Afghanistan geben.
Auch zum Thema Doppelpass offenbarten Schulz und Pistorius neue Erkenntnisse. Sie wollen im Prinzip daran festhalten, dass hier lebende Menschen mehrere Pässe haben können. Bei der „dritten Generation“ aber, den Kindern der hier geborenen Kinder von Ausländern, könne über ein Ende der Regel nachgedacht werden – sie müssten sich dann künftig womöglich für eine Staatsbürgerschaft entscheiden müssen. „Wir müssen diese Frage ideologiefrei diskutieren“, sagte Pistorius in Berlin. Beobachter sehen in dieser Haltung ein Abrücken vom bislang kompromisslosen Ja vieler SPD-Politiker gegenüber den bestehenden Doppelpass-Regeln.
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Im SPD-Positionspapier ist auch von einer Ausweitung der Videoüberwachung die Rede, von einer Stärkung der Polizei und von einer europäischen Polizeibehörde, die dem amerikanischen FBI entspricht. Die SPD spricht sich außerdem für eine personelle Verstärkung der Polizei aus. Der CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl, Bernd Althusmann, warf Pistorius vor, auf Bundesebene andere Haltungen zu vertreten als in Niedersachsen. Die Position zum Doppelpass etwa weiche von den Ansichten ab, die SPD und Grüne in einem gemeinsamen Entschließungsantrag für den Landtag formuliert haben.