Diese Seiteneinsteigerin soll es für die CDU in der Schulpolitik richten
Zu jung, zu unerfahren, zu wenig Stallgeruch in der Politik? Als Mareike Wulf, die künftige Schulexpertin im Kompetenzteam von CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann, im vergangenen Mai den relativ guten Listenplatz 12 auf der CDU-Liste für die Landtagswahl erhielt, war schon über die Eignung der 39-jährigen Sozialwissenschaftlerin für ein Ministeramt spekuliert worden – zumal sie der Partei noch nicht lange angehört.
Damals meinten viele Insider, das komme wohl kaum in Betracht – die derzeitige Geschäftsführerin der Unternehmerverbände, die in Oldenburg geboren wurde, in Berlin studiert hat und seit 2009 in Hannover arbeitet, sei noch zu frisch im politischen Geschäft. Doch Althusmann schreckt das offenbar nicht ab, er hat die charmant und freundlich wirkende Frau gestern als seine Kandidatin für das Kultusministerium präsentiert, das wohl schwierigste Ressort, das in der Landesregierung zu vergeben ist.
Eine Seiteneinsteigerin soll es in der Schulpolitik richten, in einem Feld, das in sehr vielen Details doch von dem Ministerpräsidentenkandidaten, der selbst einmal Kultusminister war, vorbestimmt ist. In der Frage-und-Antwort-Runde gestern gibt Althusmann dann schon in vielen Einzelfragen die Richtung vor. Eine Unterrichtsgarantie will die CDU geben, außerdem Verwaltungskräfte in den Schulen einstellen, die dazu da sein sollen, die Schulleiter von Bürokratie zu entlasten. 90 Prozent der Zeit, die Lehrer für bestimmte Aufgaben in den Schulen (Oberstufenkoordination, Schulleitung, Arbeitsgruppenbetreuung) angerechnet erhalten, solle so wie bisher geregelt bleiben. Nur in zehn Prozent überlege man eine Änderung – also bestehe kein Grund zur großen Sorge, wie sie die GEW vor allem äußere. Klar sei doch, so betont Althusmann, dass er das Schulleben nicht umwälzen werde: „Werner Remmers hat einmal gesagt, die Bildungspolitik sei eine große bunte Wiese – da gelte die Devise: leben und leben lassen.“
Kein Lehrer müsse eine Anhebung der Arbeitszeit befürchten
In die Richtung der Lehrergewerkschaft GEW kommen an diesem Tag viele versöhnliche Töne. Seine Andeutung vom Juli, eine neue Arbeitszeitstudie für Lehrer zu starten, wiederholt Althusmann jetzt nicht mehr. „Wir wollen nicht eine Wahlperiode und mögliche weitere Klagen von Lehrern abwarten“, sagt er. Daher peile auch die CDU an, wie die FDP, die Neuregelung der Arbeitszeit für Pädagogen schon bald nach der Landtagswahl anzupacken. Die von der GEW beauftragte Studie und andere Untersuchungen sollten dafür Grundlage sein, und die GEW sei dabei für ihn und Mareike Wulf „ein wichtiger Ansprechpartner“. Kein Lehrer müsse eine Anhebung der Arbeitszeit befürchten, es gehe um Entlastungen.
Eines ist für Althusmann dabei auch klar, sagt er: Für das im Sommer 2018 beginnende Schuljahr sollten Lehrkräfte über 55 Jahren eine besondere Entlastung erhalten, die Leiter von Grundschulen sollten künftig mit A13 besoldet werden – und für Schulverbünde, die ein gemeinsames Direktorium haben, solle sogar A14 angeboten werden. In der Inklusion solle es eine „Atempause“ geben, und das bedeute nicht Rückschritt. Die bestehenden Förderschulen sollten zunächst erhalten bleiben, eine Evaluation sei geboten. Man prüfe und sehe dann weiter.
Sie ist jemand, der nicht in die alten Grabenkämpfe verstrickt ist
Dass für diese Themen jetzt eine Seiteneinsteigerin als Ministerkandidatin gesetzt wird, findet Althusmann sinnvoll und richtig: „Sie ist jemand, der nicht in die alten Grabenkämpfe verstrickt ist.“ Wulf selbst meint, vordringlich sei die Verwirklichung der Unterrichtsgarantie, auch die Digitalisierung wolle sie vorantreiben. Derzeit könne die Schule ihr Kerngeschäft, jungen Menschen Bildung zu vermitteln, nicht ausreichend erfüllen. Mit Bildungspolitik befasst sie sich seit 2009, als sie Referentin bei den Unternehmerverbänden wurde, intensiv.
Wulf, die keine Kinder hat und deren Mann selbstständig ist, hat nach dem Abitur in Oldenburg 1999 Kulturwissenschaften an der Europa-Universität in Frankfurt (Oder) studiert, 2003 dann für ein Jahr in Lille (Frankreich) verbracht und anschließend an der Humboldt-Universität in Berlin Sozialwissenschaften vertieft. Sie ist Diplom-Sozialwissenschaftlerin. Bei der Landtagswahl tritt sie für die CDU im Wahlkreis Hannover-Mitte an, einer klaren SPD-Hochburg.
Ihr Gegenkandidat ist Alptekin Kirci, der sich parteiintern gegen den Landtagsabgeordneten Michael Höntsch durchgesetzt hatte. Die neue Schatten-Kultusministerin steht damit auch für den Kreisverband Hannover-Stadt und den großstädtisch geprägten Teil der Christdemokraten. Nächste Woche will Althusmann die restlichen vier Mitglieder seines Schatten-Teams vorstellen – drei Frauen und ein Mann, die Bereiche Wirtschafts- und Innenpolitik, Justizpolitik, Wissenschaftspolitik und Bundes- und Europaangelegenheiten dürften dazugehören. (kw)