Spüren Sie es auch? Ende August liegt ein Hauch von Frühling in der Luft, das Prickeln eines Neuanfangs. Sollte das Liebe sein? Ich meine – Sie ahnen es schon – das Wiederaufflammen der alten Groko-Liebe. Am Dienstag dachte ich noch, dass es sich um eine toxische Beziehung handeln muss. Da trat Friedrich Merz vor die Kameras und erklärte, der Bundeskanzler habe das Land nicht mehr im Griff – um ihm zugleich unverblümt vorzuschlagen, die störrischen Ampelpartner sitzen zu lassen und gemeinsam in einer Koalition der Gutwilligen in den Sonnenuntergang zu schweben. Hat Ihnen Ihr Ex schon einmal gesagt, dass Sie nichts im Griff haben ohne seine gutwillige Hilfe? Wenn ja, dann sollten Sie rennen, statt zu schweben.

Wären Sie jetzt gerne mit Friedrich Merz hier? Oder mit dem Bundeskanzler? | Foto: Jakob Brüning


Aber hier ist Niedersachsen, bekanntermaßen ein Hotspot der Romantik. Am Mittwoch im Landtag hörte man viel zartere Töne zwischen CDU und SPD. Sebastian Lechner beklagte zum wiederholten Mal, dass der Ministerpräsident bei seinem Besuch auf der Meyer-Werft die Opposition nicht ausreichend gelobt hatte. Olaf Lies hätte hingegen fast noch Blumen von der Tankstelle geholt. Anstelle des Chefs übernahm der Wirtschaftsminister die Regierungserklärung und dankte „besonders der CDU und ihrem Fraktionschef Sebastian Lechner, denn die schon vor Monaten begonnenen Gespräche mit der größten Oppositionspartei seien ,von Vertrauen und Vertraulichkeit gekennzeichnet´“. Das lesen Sie heute im Rundblick. Die Rettung von 20.000 Arbeitsplätzen ist ja auch ein viel schönerer Hintergrund als ein Sonnenuntergang, finden Sie nicht?
 
Aber auch vor dem verstörenden Hintergrund des Messerangriffs in Solingen setzten CDU und SPD ihr Duett aus Verlockung und Zurückweisung fort. So wie Merz im Bund schlug auch Lechner im Landtag vor, den Fraktionszwang aufzuheben, damit die SPD-Abgeordneten für die Vorschläge der CDU stimmen können. Innenministerin Daniela Behrens von der SPD hingegen ignorierte diese Vorschläge zur inneren Sicherheit geflissentlich. Ich habe ihren Zwischenruf damals bei der Veranstaltung zum Internationalen Frauentag noch im Ohr:

„Augen auf bei der Partnerwahl!“

Außer den Impressionen aus dem Landtag verraten wir Ihnen heute:

  • Warum die neue Enercity-Chefin Aurélie Alemany überzeugt ist, dass Niedersachsen das Energiezentrum der Zukunft wird.
  • Wo Wirtschaftsminister Olaf Lies die Sonnenseite der Elektromobilität entdeckt hat.
  • Wer der neue Niedersachsen-Beauftragte der Telekom wird.

 Persönlich habe ich diese Woche auch ein frühlingsfrisches Prickeln des Neuanfangs gespürt, wenn auch nicht ganz so romantisch: Ich habe meinen ersten Podcast geschnitten. Mit Sabrina Jacob von der Techniker-Krankenkasse bin ich tief in die Tücken unseres Gesundheitswesens und seiner prekären Finanzierung eingestiegen. Nicht nur darüber habe ich eine Menge gelernt. Ich weiß jetzt auch, dass ein kleines „Äh“, wie es jedem ab und zu beim Sprechen dazwischenrutscht, in der Audio-Wave aussieht wie ein bienenfleißiges Insekt. Es gibt schlanke, eher tausendfüßlerartige Exemplare und kurze, knubbelige. Mit wachsender Übung beim Schneiden erkennt man sie sofort. Ein zustimmendes „Hmhm“ hingegen sieht aus wie eine Hantel oder wie zwei dicke, gemütliche Punkte nebeneinander. Keine Sorge, eventuell vorhandene Tausendfüßler und Hanteln sind jetzt entfernt. Ab jetzt finden Sie das Gespräch überall, wo Sie gerne Podcasts hören.
 
Ich wünsche Ihnen einen romantischen Donnerstag!
Ihre Anne Beelte-Altwig