Lobby-Angebot: Geht Olaf Lies oder bleibt er doch?
Am Montagvormittag um 10 Uhr soll das Rätsel endlich gelöst sein. Geht Olaf Lies, der bisherige Umwelt- und Bauminister in Niedersachsen, in die freie Wirtschaft? Ebenfalls am Montag befasst sich das Präsidium des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) mit der Nachfolge in der Hauptgeschäftsführung. Lies gilt dort als heißer Kandidat – und am vergangenen Freitag, als diese Nachricht durchsickerte, schien es auch ziemlich klar, dass der 52-jährige Sozialdemokrat zum Wechsel bereit sein würde. Ein Rückzieher sei kaum möglich, hieß es zunächst.
Inzwischen allerdings sind mehrere Gespräche geführt worden – und es gibt auch Hinweise, dass Lies womöglich doch bleiben könnte. Voraussetzung dafür wäre allerdings wohl, dass ihm Ministerpräsident Stephan Weil in einem vertraulichen Gespräch, das bis Montagvormittag stattgefunden haben muss, eine Perspektive bietet. Damit kommen nun zwei Varianten ins Spiel.
Variante 1: Lies entscheidet sich, Umweltminister zu bleiben. Offenbar ist das nur dann denkbar, wenn Weil ihm am Montag eine Möglichkeit zur Weiterentwicklung aufzeigt. Diese könnte darin bestehen, dass Lies eine Bundestagskandidatur schmackhaft gemacht wird – oder dass Weil ihm erklärt, wann er gedenkt, sein Amt als Ministerpräsident aufzugeben. Dies könnte dann der Fall sein, wenn Weil doch seinen Hut als möglicher Kandidat für den SPD-Bundesvorsitz in den Ring wirft und für sich selbst den Übergang in die Bundespolitik vorzeichnet.
Verlierer einer solchen Verabredung, die Lies zum Bleiben überzeugen könnte, wäre dann wohl der andere Aspirant auf höhere Aufgaben in der Niedersachsen-SPD, Innenminister Boris Pistorius. Pech für Pistorius ist, dass die Personaldebatten rund um Lies in einem Augenblick stattfinden, in dem Pistorius wegen diverser kleiner Pannen im Landeskriminalamt und beim Verfassungsschutz hausinterne Probleme am Hals hat. Beide, Lies und Pistorius, gelten seit geraumer Zeit als die beiden SPD-Politiker, die Weil gern als Regierungschef in Hannover beerben würden. Bisher hatte der Innenminister öffentlich den größeren Ehrgeiz an den Tag gelegt.
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Variante 2: Lies entscheidet sich für den Wechsel – da ihm Weil keine Perspektive auf einen Aufstieg oder neue Aufgaben in der Niedersachsen-SPD bieten konnte. In diesem Fall kommt zunächst der Parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Landtagsfraktion als neuer Umweltminister in Betracht, Wiard Siebels aus Aurich. In SPD-Kreisen ist am Wochenende aber noch über eine zweite personelle Möglichkeit diskutiert worden, nämlich die Verpflichtung eines Fachmanns aus der Wissenschaft, etwa eines älteren Klima-Experten, als neuen niedersächsischen Umweltminister. Das Problem für einen solchen „Seiteneinsteiger“ wäre, dass ihm als Minister nur noch knapp drei Jahre im Amt zur Verfügung stünden. Er hätte außerdem ohne Landtagsmandat nur eine schwache Anbindung an den parlamentarischen Apparat. In Betracht käme wohl nur jemand, der schon am Ende seines Berufslebens steht und kurz vor dem Ruhestand noch eine neue Herausforderung in der Politik sucht.
Lies wäre für den neuen Job beim Energieverband gleich in doppelter Hinsicht qualifiziert. Zum einen bringt er als Ingenieur das technische Know-How für die Energiewirtschaft mit, zum anderen wird er als Sozialdemokrat gerade mit den regionalen Energieanbietern, die in dem Verband mit rund 1900 Mitgliedern keine unwesentliche Rolle spielen, eine gute Basis für die Zusammenarbeit finden. Ob sich der Familienmensch aus Sande im Kreis Friesland sowohl mit dem Berlin-Mitte-Milieu als auch mit dem Pendeln in die Bundeshauptstadt anfreunden wird, steht allerdings auf einem anderen Blatt.
Mit Lies folgte beim BDEW ein Niedersachse auf einen „gefühlten Niedersachsen“
Beim BDEW ginge das politische Farbenroulette mit der möglichen Verpflichtung von Olaf Lies munter weiter. Vor gut drei Jahren hatte die ehemalige CDU-Bundestagsabgeordnete Hildegard Müller den Posten als Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung beim Verband aufgegeben. Ihr folgte FDP-Mann Stefan Kapferer. Der gebürtige Karlsruher ist zumindest ein „gefühlter Niedersachse“, war er doch in den 90er Jahren Geschäftsführer der Landes-FDP, bevor er in Staatskanzlei und Wirtschaftsministerium in Hannover Karriere machte. 2009 folgte er dann Philipp Rösler ins Bundesgesundheitsministerium. Kapferer wechselt zum Übertragungsnetzbetreiber 50 Hertz, weshalb der Posten beim BDEW nach einer CDU-Frau und einem FDP-Mann nun für den Sozialdemokraten frei werden könnte. Lies böte somit also die besten Voraussetzungen.
Beim Verband würde Lies in große Fußstapfen treten. Kapferer, der parteiübergreifend geschätzt wird, hatte zuletzt auch beim BDEW viele Sympathien gesammelt und neue Mitglieder, zum Beispiel aus dem Bereich der erneuerbaren Energien, eingeworben. Auch in der Kohlekommission hatte sich Kapferer aktiv eingebracht. Dort hatte aus Lies am Tisch gesessen. (MB./kw)