Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies ist nach eigenen Worten weiterhin davon überzeugt, dass in niedersächsischen Städten keine Diesel-Fahrverbote nötig sind. Das zeigten sowohl die Modellrechnungen als auch die technischen Möglichkeiten, mit denen man die Grenzwertüberschreitungen in den Griff bekommen könne. Das sagte Lies nach einem Treffen mit Vertretern der betroffenen Städte im Umweltministerium. Der Grenzwert liegt im Jahresdurchschnitt bei 40 Mikrogramm Stickstoffdioxid pro Kubikmeter Luft. Er wurde in Niedersachsen im vergangenen Jahr in Hannover (44), Osnabrück (44) und Oldenburg (49) überschritten. „Die Städte dürfen mit ihren Maßnahmen nicht allein gelassen werden. Auch der Bund und die Automobilindustrie müssen liefern“, sagte Lies. Zugleich frage er sich, ob Fahrverbote überhaupt verhältnismäßig seien, wenn der Grenzwert um zwei oder drei Mikrogramm überschritten werde, zugleich aber erkennbar sei, dass er in den kommenden zwei bis drei Jahren eingehalten werden könne. „Das werden dann wohl letztendlich wieder Gerichte entscheiden müssen“, meinte der Umweltminister.

Fehler in Berlin

Lies forderte vom Bundesverkehrsministerium, den Druck erhöhen. So wolle Osnabrück Busse mit einem sogenannten Adblue-System nachrüsten. Dabei kann mit einer Harnstofflösung der Ausstoß von Stickoxiden bei Dieselmotoren um bis zu 90 Prozent reduziert werden. Aber noch immer warte die Stadt auf die Genehmigung des Kraftfahrtbundesamts. „Wenn Osnabrück Lösungen hat und sie nicht einmal umsetzen kann, dann gibt es einen Fehler in Berlin“, sagte Lies. Oldenburgs Oberbürgermeister Jürgen Krogmann forderte eine größere Aktivität der Autoindustrie. „Beim Dieselgipfel in Berlin habe ich gemerkt, dass die Autolobby sehr viel größer ist als die kommunale Lobby“, sagte Krogmann. Die Autoindustrie dürfe sich aber nicht nur mit Marketing wie der Umweltprämie und Softwarenachrüstungen beteiligen, sondern auch mit Veränderungen der Hardware. Wenn man die Gewinne zum Beispiel bei Volkswagen sehe, würde man sich dort sehr viel mehr Bereitschaft wünschen. Schließlich sei dort das Problem auch verursacht worden.

 


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Für Frank Otte, Stadtbaurat in Osnabrück, kann die neue Bundesregierung dafür sorgen, dass die Fördermillionen in Programme ohne kommunalen Eigenanteil fließen. „Im Moment sieht es so aus, als ob die Mittel in bestehende Förderprogramme fließen sollen. Die haben aber eine Förderkulisse, die einen Eigenanteil von 50 Prozent vorsieht. Das können die Kommunen nicht leisten“, so Otte. So kosteten Software und Verkehrsrechner für eine umweltsensitive Verkehrssteuerung einige Millionen Euro. „Wir können nicht einfach so die Hälfte aus dem laufenden Haushalt zahlen.“

Es reichen keine Updates und warmen Worte

„Es bleibt dabei: Wir wollen keine blaue Plakette und keine Fahrverbote“, sagte Umweltminister Olaf Lies. Er forderte, dass 100 Prozent und nicht nur die geplanten 60 Prozent der Fahrzeuge mit einem Software-Update nachgerüstet werden müssen. Die Grünen im Landtag übten Kritik an der Haltung des Umweltministers. „Sollte es Minister Lies ernst meinen mit seiner angekündigten Unterstützung für die betroffenen Städte, dann würde er sich nicht weiter gegen die Blaue Plakette stemmen“, sagte die Fraktionsvorsitzende Anja Piel. Für saubere Luft reichten keine Software-Updates oder warme Worte. „Es ist völlig unverständlich, warum die Autokonzerne nicht in die Verantwortung genommen wurden und Hardware-Nachrüstungen weiterhin ausbleiben. Die Zeit für ein bisschen Fördergeld hier und Schönreden da ist endgültig abgelaufen“, so Piel. FDP-Vize-Fraktionschef Jörg Bode bezeichnete das Treffen im Umweltministerium als Reinfall. „Grüne Welle, Verstetigung des Verkehrs, Abschaffung von Tempo 30 an Hauptverkehrsadern, die lokale Optimierung der Verkehrslenkung und die Umstellung des ÖPNV auf alternative Antriebe wären nur einige ganz konkrete Maßnahmen, die jetzt ergriffen werden könnten und müssten – genau wie die Abschaffung des durch nichts begründeten Grenzwertes in Brüssel“, meinte Bode.