Lies fordert: Der Bund muss endlich die Hürden für die Windenergie abbauen
Beobachter hatten schon befürchtet, dass der Windenergie-Gipfel am Donnerstag in Berlin ohne konkrete Ergebnisse zu Ende gehen könnte – und genauso kam es bei dem Treffen bei Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier am Nachmittag auch. Zumindest kündigte Altmaier an, in den kommenden Wochen und Monaten mit den Ländern und der Industrie einen Maßnahmenkatalog erarbeiten zu wollen. Dabei soll es unter anderem darum gehen, wie mehr Flächen für Windkraftanlagen ausgewiesen und Genehmigungsverfahren beschleunigt werden können.
Die Energieexpertin der Grünen im Bundestag, Julia Verlinden aus Lüneburg, schrieb nach dem Gipfel auf Twitter, das Treffen sei ein Offenbarungseid für die Regierung gewesen. Statt weiter zu diskutieren müsse jetzt gehandelt werden. Auch Niedersachsens Umweltminister Olaf Lies, der an dem Gipfel teilnahm, erwartet, dass bei der nächsten Konferenz der Energieminister von Bund und Ländern im Dezember konkrete Punkte vorgelegt werden.
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Lies hatte bereits am Morgen in Hannover davor gewarnt, beim Ausbau der Windenergie weiter Zeit zu verlieren. Um die Klimaschutzziele bis 2030 halbwegs realistisch zu erreichen, müssten bundesweit bis dahin jedes Jahr 4,7 Gigawatt Windkraftleistung hinzukommen. Aktuell sei man aber mit rund 300 Megawatt nicht einmal bei einem Zehntel der nötigen Leistung. In den nächsten drei Jahren drohe durch die Deckelung, dass überhaupt keine neuen Anlagen genehmigt werden könnten. „Wenn wir aber nicht richtig Fahrt aufnehmen, wird mir Angst und Bange“, sagte Lies. Dann stünden 2030 junge Leute vor ihm und fragten, warum man denn die Ziele nicht erreicht habe.
Ich kann nicht den Ausstieg wollen, aber keine Einstiegsmentalität haben.
Der Umweltminister plädierte dafür, die Abstände der Windräder zu sogenannten Drehfunkfeuern zu reduzieren. Die internationale Vorgabe liegt bei 10 Kilometern, in Deutschland wird sie mit 15 Kilometern übererfüllt. Drehfunkfeuer senden spezielle Funksignale aus, mit deren Hilfe Piloten navigieren können. Außerdem will Lies Bürger und Kommunen an Windkraftanlagen wirtschaftlich besser beteiligen, um die Akzeptanz zu erhöhen. Der Umweltminister mahnte aber auch eine „Einstiegsmentalität“ in der Gesellschaft an. Alle seien für den Ausstieg aus der Kohle und der Kernenergie. Zugleich gebe es bei Windenergie oder Gasleitungen immer mehr Gegner aus. „Die gesellschaftliche Debatte passt hier nicht zusammen. Ich kann nicht den Ausstieg wollen, aber keine Einstiegsmentalität haben. Das funktioniert weder energetisch, noch für ein Industrieland, noch für den Einzelnen“, sagte Lies.
Derweil legten die Grünen im Landtag am Donnerstag den Entwurf für ein Klimaschutzgesetz vor, das in der kommenden Woche im Landtag beraten werden soll und deutlich über die Pläne der Großen Koalition hinausgeht. So wollen die Grünen die Treibhausgasemissionen in Niedersachsen bis zum Jahr 2030 nicht nur um 55, sondern um 70 Prozent im Vergleich zum Jahr 1990 reduzieren. Eine klimaneutrale Landesverwaltung wollen die Grünen schon 15 Jahre früher als die SPD und CDU, nämlich bis 2035, erreicht sehen. Dienstreisen sollen generell klimaneutral geschehen.
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Auch in der Landwirtschaft setzen die Grünen auf einen radikalen Kurswechsel. Der Ökolandbau, der in Niedersachsen aktuell bei etwa vier Prozent liegt, soll in den kommenden elf Jahren auf mindestens 30 Prozent steigen. Zudem sieht der Entwurf eine Reduzierung von Fleischkonsum und bei der Tierhaltung vor. „Wir brauchen den Ausstieg aus der Massentierhaltung, weil mit ihr kein Klimaschutz zu machen ist“, erklärte die Grünen-Abgeordnete Imke Byl. Der Gesetzentwurf der Grünen sei „klarer, konkreter und weitgehender“ als die Pläne der Großen Koalition, sagte die Grünen-Fraktionsvorsitzende Anja Piel. „Deutschland reißt im Moment alle Fristen und die Große Koalition erreicht nur einen Minimalkonsens“, kritisierte Piel.