Der Präsident des niedersächsischen Landvolk-Verbandes wünscht sich mehr Planungssicherheit seitens der Politik. „Man weiß gar nicht mehr, welche Anforderungen schon morgen gestellt werden können“, sagte Landvolk-Präsident Werner Hilse im Gespräch mit dem Rundblick. Die fehlende politische Verlässlichkeit habe in den vergangenen Jahren auch dazu geführt, dass gerade junge Bauern ihre Perspektive hinterfragt hätten. „Wenn Gesetze etwas zulassen, dann müssen auch die Abschreibungszeiträume beachtet werden. Dieser Zeitraum liegt zum Beispiel bei Stallbauten bei zwanzig Jahren. Aber wo gibt es schon noch zwanzig Jahre Politiksicherheit?“, fragt Hilse. Inzwischen würden auch die Banken investitionsbereite Bauern fragen, woher sie die Sicherheit nähmen, dass es in den kommenden zwanzig Jahren keine Veränderungen geben wird.

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Das bemängelt auch Jan-Hendrik Schöne, Sprecher des Agrarausschusses der niedersächsischen Landjugend. „Wenn während des Abschreibungszeitraums Änderungen schlossen werden, dann knechte ich weitere zwanzig Jahre nur noch für den Kredit. Deshalb muss es Bestandsschutz für bestehende Ställe geben. Die Politik braucht zeitlich einen weiten Horizont“, sagte Schöne dem Rundblick. Zugleich müsse darauf geachtet werden, dass Investitionen in mehr Tierwohl oder noch mehr Umweltschutz wirtschaftlich tragbar sind. Dabei sei auch eine Möglichkeit, diejenigen finanziell zu unterstützen, die nach neuen Kriterien als erste bauten.

Der niedersächsische Landvolk-Verband feierte am Sonnabend sein 70-jähriges Bestehen. Er wurde am 18. Februar 1947 in Hannover gegründet. Die Entwicklung der nächsten Jahrzehnte bereitet Schöne Sorgen. „Niemand muss sich vormachen, dass in 70 Jahren in Deutschland keine Landwirtschaft mehr betrieben wird. Es ist nur die Frage in welchen Strukturen“, sagt der Landwirt aus Schwanewede dem Rundblick. „Der gesellschaftliche Gegenwind führt dazu, dass zuerst diejenigen aufgeben, denen das nahe geht. Der psychische Druck ist inzwischen sehr groß geworden und macht die Leute fertig. Dadurch könnten immer mehr Land und Ställe an anonyme Investoren gehen.“ Bauernfamilien und Genossenschaften bräuchten gesellschaftlichen Rückhalt.

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Auch Werner Hilse stellt fest, dass der technische Wandel auf den Höfen in den vergangenen Jahrzehnte nicht gesellschaftlich begleitet wurde. „Damals war fast jeder noch mit Bauernhöfen vertraut, entweder, weil er auf dem Land gelebt hat, oder weil er in den Ferien die Großeltern auf dem Land besucht hat. Das hat sich verändert“, so Hilse. Früher sei ein Bauer stolz gewesen, wenn er einen neuen Stall bauen konnte. Heute wundere er sich darüber, dass das in der Gesellschaft gar nicht mehr so ankomme, und den staunenden Nachbarn gebe es auch nicht mehr. „Das haben wir vielleicht zu spät gesehen. Wir hätten die Veränderungen besser erklären müssen. Heute wird das immer schwerer, weil die komplexen Gegebenheiten für den Bürger nur schwer zu erfassen sind“, meint Hilse.