Landtag zieht Konsequenzen aus der Delmenhorster Mordserie
(rb) Hannover. Der Sonderausschuss Patientensicherheit, den der Landtag nach der Mordserie eines Pflegers in einem Delmenhorster Krankenhaus eingesetzt hatte, hat seine Arbeit beendet und einen einstimmigen Abschlussbericht vorgelegt. Die Vorschläge und Empfehlungen, die der Ausschuss darin gemacht hat, haben gute Chancen, in gesetzliche Vorgaben gegossen zu werden. In Ergänzung zu den bereits von Sozialministerin Cornelia Rundt eingeleiteten Maßnahmen wie die Einführung von Patientenfürsprecher/innen in allen Krankenhäusern des Landes und die Berufung eines oder einer Landesbeauftragten für Patientenschutz, wofür bereits Auswahlgespräche laufen, haben die Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen in einem Entschließungsantrag die Forderungen des Ausschusses an die Landesregierung aufgelistet und am Mittwoch erstmals im Landtag beraten. Der Vorsitzende des Sonderausschusses, der SPD-Sozialpolitiker Uwe Schwarz, nannte als einen der wichtigsten Punkte die Einstellung von Stationsapotheker/innen. Der wesentliche Grund für die fehlende Kontrolle bei der Medikamentenabgabe sei, dass es unter den 190 Krankenhäusern in Niedersachsen nur noch 28 gebe, die über eine eigene Krankenhausapotheke verfügen; die übrigen ließen sich extern beliefern. Die künftigen Stationsapotheker/innen sollen die zentrale Schnittstelle werden zwischen der Arzneimittelbelieferung und den Abläufen auf einer Station. Dort, wo dies bereits freiwillig geschehe, habe man damit gute Erfahrungen gemacht, berichtete Schwarz. Die aufsichtsrechtliche Überwachung der Medikamentenabgabe durch die Apothekerkammer wird als weiterer Schwachpunkt identifiziert; da es so gut wie keine Krankenhausapotheken mehr gebe, ende diese Aufsicht mit der Übergabe der Medikamente an der Krankenhaustür. Eine Arzneimittelkommission soll künftig den Bestand, die Ausgabe und die Verwendung von Arzneimitteln ebenso überwachen wie die strikte Einhaltung der ärztlichen Verordnung. Zu den weiteren Maßnahmen, die der Landtag beschließen und die Sozialministerin umsetzen soll, sind ein Rotationssystem für Pflegekräfte und Mediziner/innen auf den Intensiv- und Pflegestationen sowie regelmäßige begleitete Reflexionen über berufsbedingte Belastungen in Form einer Supervision, aber auch die Einführung eines anonymen Meldesystems (Whistleblowing) in allen Krankenhäusern, mit dessen Hilfe die Beschäftigten Verdachtsmomente über Fehlverhalten oder kriminelles Handeln auf den Stationen an eine neutrale Stelle melden können, ohne dass dabei Rückschlüsse auf ihre Identität gezogen werden können. Ministerin Rundt hat zugesagt, die Vorschläge des Sonderausschusses umgehend in Angriff zu nehmen. Auch die Anregung, eine Blutuntersuchung zu einem obligatorischen Teil der Leichenschau zu machen und eine Meldepflicht für jede Leichenschau einzuführen, sollte näher betrachtet werden, sagte Rundt. Sie sei zuversichtlich, dass Landtag und Landesregierung zu einem gemeinsamen Gesetzgebungsverfahren kommen werden, sagte die SPD-Politikerin.Dieser Artikel erschien in Ausgabe #110.