Landtag beschließt: Die AfD darf keinen Vertreter in Gedenkstättenstiftung schicken
Der Landtag hat am Dienstagabend mit den Stimmen von SPD, CDU, FDP und Grünen das Gesetz für die „Stiftung niedersächsische Gedenkstätten“ geändert. Bislang durfte jede Landtagsfraktion einen Vertreter in den Stiftungsrat, der die Arbeit der Geschäftsführung begleitet, entsenden. Künftig soll der Landtag vier Vertreter für dieses Gremium wählen. Jens Nacke (CDU) und Christoph Bratmann (SPD) ließen keinen Zweifel an der Interpretation, dass mit dieser Änderung die fünfte Landtagsfraktion, die AfD, an einer Beteiligung an dem Stiftungsrat gehindert werden soll. Die AfD-Fraktionsvorsitzende Dana Guth sagte unmittelbar vor der Abstimmung, dass die anderen Fraktionen mit dieser Entscheidung einen „Pyrrhussieg“ erringen würden: „Wir freuen uns, dass sie sich selbst die Maske der Demokratie, unter der sie hier segeln, vom Gesicht reißen.“
Irritiert über AfD
Die Vertreter von SPD, CDU, Grünen und FDP erklärten, ihre Entscheidung hänge maßgeblich mit Hinweisen von Opferverbänden zusammen. Viele Vertreter von Organisationen der Betroffenen und Hinterbliebenen des nationalsozialistischen Terrors, die sich für die Stiftung engagieren oder mit ihr zusammenarbeiten, etwa bei regelmäßigen Treffen in der Gedenkstätte Bergen-Belsen, hätten sich irritiert über die AfD gezeigt und jegliche Kooperation mit Vertretern dieser Partei abgelehnt. „Der größtmögliche Schaden wäre es gewesen, wenn sich Überlebende des Holocaust aus dem Gremium zurückgezogen hätten. Die Mitarbeiter dieser Menschen ist der CDU wichtiger als die Mitarbeit der AfD“, betonte Nacke. Der SPD-Politiker Bratmann meinte, die Opferverbände hätten „sensible Antennen dafür, wenn in Deutschland wieder Kräfte erstarken, die Menschen nach Glauben und Abstammung sortieren wollen“. Es sei nicht irgendwer, der in dieser Partei rassistische und rechtsextreme Äußerungen von sich gebe – es seien Mitglieder des Bundesvorstandes und der Landesverbände Sachsen-Anhalt und Thüringen. Björn Försterling (FDP) meinte, er sehe bei der AfD im Landtag „einen Deckmantel bürgerlicher Spießigkeit, Höflichkeit und Freundlichkeit“. „Am Ende aber sind sie doch Mitglieder in ein und derselben Partei“ wie die Funktionäre Höcke oder Poggenburg. Die Politik müsse jetzt „eine klare Grenze ziehen“. Helge Limburg (Grüne) sagte, auch die AfD-Landtagsfraktion habe Erklärungsbedarf, da zwei ihrer Mitarbeiter der rechtsextremen „Identitären Bewegung“ nahe stünden.
Wurde ein handwerklicher Fehler gemacht?
Der AfD-Fraktionsgeschäftsführer Klaus Wichmann hatte den anderen Fraktionen Unehrlichkeit vorgehalten. Vorgetäuscht werde im Gesetz ein Verweis auf „die Arbeitsfähigkeit“ des Stiftungsrates, die aber sei auch bei Beteiligung eines AfD-Vertreters nicht gefährdet. Wenn Bundestagsvizepräsident Thomas Oppermann (SPD) eine „inhaltliche Auseinandersetzung“ mit der AfD fordere und vor der Ausgrenzung dieser Partei aus Gremien abrate, dann werde das in der Niedersachsen-SPD offenbar nicht gehört. Als „handwerklichen Fehler“ erwähnte Wichmann, dass in der Gesetzesänderung – die dann nach seiner Rede beschlossen wurde – eine Übergangsregel fehle. Damit entsteht nun in der Tat eine interessante Konstellation: Da die AfD vor der gestrigen Abstimmung noch einen Vertreter für den Stiftungsrat benannte, nach altem Recht, pocht sie nun darauf, dass dieser auch an den künftigen Sitzungen teilnehmen dürfe. Es sei nämlich bisher nicht geregelt, wann und wie die Amtszeit der nach altem Recht benannten Mitglieder ende. Neue Vertreter nach der gestern beschlossenen neuen Regel hat der Landtag gestern jedenfalls noch nicht gewählt.