Landkreistag überlegt: Wie KI die Arbeit der Behörden wesentlich vereinfachen kann
Der Fachkräftemangel, das spricht sich herum, ist nicht nur in der Wirtschaft ein gravierendes Problem – mindestens ebenso stark trifft es die öffentliche Verwaltung. Dort werden in den kommenden Jahren viele Mitarbeiter, die zur Generation der „Babyboomer“ gezählt werden, in den Ruhestand wechseln. Allgemein ist damit zu rechnen, dass nicht für jeden, der aus den Behörden ausscheidet, schnell ein qualifizierter Nachfolger gefunden werden kann. Damit wird nun die Frage aktueller, inwieweit der Einsatz der künstlichen Intelligenz (KI) die Verwaltungsarbeit vereinfachen, Mitarbeiter entlasten und den notwendigen Personalbedarf absenken kann.
Der IT-Beauftragte der Landesregierung, Horst Baier, fragt gegenwärtig in den Ministerien ab, wie man KI einsetzen kann. Geht das bei der Auswertung anwaltlicher Schriftsätze vor Gericht, bei der Sichtung von Bürgereinwendungen gegen Trassenplanungen oder zur Anlage eines „Wissenspools“ in den Behörden? Das Landeskriminalamt nutzt die Technik der Bilderkennung schon bei Ermittlungen zur Kinderpornographie, das Landesamt für Geo-Information für die Analyse von Bebauungen von Liegenschaften.
Nun hat der Niedersächsische Landkreistag (NLT) dazu einen – leicht humorvollen, aber in die Tiefe zielenden – Beitrag geleistet, der in der jüngsten Ausgabe der Verbandszeitschrift „NLT-Information“ nachzulesen ist. Der Beigeordnete Stefan Domanske hat einige Fragen an die Chatbox „ChatGPT“ gerichtet und die Antworten, die der Computer dann ausgespuckt hat, unbearbeitet in dem Heft veröffentlicht. Nicht ohne Augenzwinkern kündigte NLT-Hauptgeschäftsführer Prof. Hubert Meyer an, hier erscheine jetzt das erste Interview des Landkreistages mit der Künstlichen Intelligenz – und dann noch ausgerechnet zum Thema der Verwaltungsorganisation, dem höchsten Heiligtum der kommunalen Spitzenverbände.
Erwähnt werden dann einige Anwendungsfelder und Besonderheiten, die KI gegenwärtig interessant machen. Dazu gehört beispielsweise die Bild- und Spracherkennung. In der Antwort an Domanske erklärt „ChatGPT“, die KI könne Bilder automatisch bearbeiten und in Kategorien einteilen, da sie Gesichter erkennen und auf Fotos zuordnen kann. Die Spracherkennung könne es gewährleisten, dass Sprache in Texte umgewandelt wird. Das Abtippen von Texten, eine klassische Sekretärinnen-Aufgabe von früher, könnte so entbehrlich werden. Auch die umgekehrte Form, einen Text vorzulesen und zu vertonen, werde auf diese Weise möglich.
Einige Vorzüge der KI gegenüber der menschlichen Tätigkeit werden erwähnt: Die KI durchforstet vor der Antwort auf eine Anfrage große Datenmengen im Internet, leitet daraus Muster und Trends ab und nimmt dies als Basis der empfohlenen Entscheidung. So könnten Bürgeranfragen an die Verwaltung automatisch beantwortet werden. Bei Bauanträgen könnten die Daten ausgewertet, fehlende Details angefordert und eingefügt werden. Auch die Bauüberwachung von Baustellen sei so möglich – man könne dann erkennen, ob Vorgaben eingehalten wurden. Auch drohende Probleme beim Baufortschritt, schreibt „ChatGPT“, könnten vorhergesagt werden.
Nur folgt dann auch der Hinweis, die KI könne keine vollständigen Lösungen liefern, es komme immer auf eine Zusammenarbeit mit den Menschen an. KI könne auch dabei helfen, die schon bestehenden Chatbots zu ergänzen und zu verbessern, mit deren Hilfe Bürger ihre Anträge ausfüllen können. Im NLT-Mitteilungsblatt wird dann noch der fiktive Arbeitsalltag einer Verwaltungsmitarbeiterin im Jahr 2030 beschrieben: Sie beginnt den Tag damit, ihre digitale Assistenz nach den aktuellen Problemen in einigen Vorgängen zu befragen. Der Computer hat dann festgestellt, in welchen Vorgängen Schwierigkeiten aufgetreten sind, die gelöst werden müssen. Lösungsvorschläge werden dann in entsprechenden Unterabteilung der KI entwickelt und angeboten. Anschließend entscheidet die Mitarbeiterin, während die KI die Daten überprüft oder Berichte anfertigt.
Die interessanten rechtlichen Frage werden hier nicht erörtert: Wer haftet, wenn wegen eines Fehlers etwa bei der Bauüberwachung falsche Entscheidungen getroffen werden? Kann man den Mitarbeiter, der KI anwendet, für mögliche Mängel belangen – oder überträgt sich das auf den Verwaltungschef? Kann man für solche Themen eine Versicherung einsetzen?
Dieser Artikel erschien am 31.03.2023 in der Ausgabe #060.
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