Nach Einschätzung der Landesregierung werden künftig jedes Jahr rund 30.000 Zuwanderer nach Niedersachsen kommen, darunter viele Flüchtlinge. Sie kommen zu den ebenfalls rund 30.000 bis 40.000 Flüchtlingen hinzu, die in den Vorjahren in Niedersachsen registriert wurden, aber noch in Flüchtlingsunterkünften leben. Diese Zahlen nannte gestern Martina Wethkamp, Leiterin der Haushaltsabteilung des Finanzministeriums, im Landtags-Haushaltsausschuss. Sie bezog sich damit auf die Jahre 2019, 2020 und 2021.

In dieser Prognose enthalten ist die Annahme, dass jedes Jahr viele Asylbewerber diesen Status wieder verlieren – weil sie entweder abgelehnt wurden und in ihre alte Heimat zurückkehren oder weil sie angenommen wurden und integriert werden. In der Statistik bleiben aber die Geduldeten, die bisher nicht abgeschoben worden sind. Diese Schätzung spiegelt sich auch in den Landes-Zuweisungen für die Flüchtlingsarbeit der Kommunen wieder, wobei hier 2016 mit 1,9 Milliarden Euro aus der Reihe fällt. Für die Folgejahre geht die Landesregierung von Beträgen zwischen 1,4 und 1,1 Milliarden Euro aus, wobei die Tendenz leicht fallend ist. 2016 waren die Beträge deshalb so hoch, weil es vom Land Vorauszahlungen für 2017 und 2018 gegeben habe, erläuterte Wethkamp. Das Land zahlt den Kommunen pro Flüchtling eine Pauschale von 10.000 Euro, aus den Kommunen werden aber Rufe laut, die Summe sei zu niedrig. Die dauerhafte Integrationsarbeit ist darin auch nicht enthalten.

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Die Prognose für die Entwicklung der Flüchtlingszahlen ist ein wesentlicher Baustein für die „Mittelfristige Planung“, die sich auf die Jahre 2017 bis 2021 bezieht. Das Zahlenwerk ist so zusammengestellt, dass keine Ausgaben ohne die dazu notwendigen Einnahmen beschrieben sind. „Übrig ist aber auch nichts“, erklärte Wethkamp. Einige wichtige Daten, etwa die veränderten Zahlungsströme nach der Neuregelung des Länderfinanzausgleichs, sind noch nicht enthalten. Die notwendigen Beschlüsse dazu würden nach Angaben von Wethkamp wohl erst in der zweiten Jahreshälfte im Bundestag und Bundesrat fallen.

Auch die möglichen Veränderungen in den EU-Fördermitteln, die wegen des EU-Austritts Großbritanniens drastischer sein können als bisher vermutet, sind noch nicht berücksichtigt. Sogar der Plan der SPD, den Kindergartenbesuch künftig komplett beitragsfrei zu stellen, spiegelt sich im Zahlenwerk nicht wieder. „Anders kann es auch nicht sein, denn das war eine Ankündigung des SPD-Vorsitzenden Stephan Weil für die Zukunft, keine Beschlusslage der Koalition“, erklärte der Grünen-Finanzexperte Gerald Heere.

Auf neue Kredite will die Landesregierung künftig zwar dauerhaft verzichten. Dennoch sei man auch künftig am Kreditmarkt tätig, erläuterte Wethkamp. Jährlich werde ein Betrag von rund acht Milliarden Euro umgeschuldet, das ist gemessen am Berg von Landesschulden (60 Milliarden Euro) nicht viel. Für Zinsen muss das Land jährlich 1,3 Milliarden Euro ausgeben.

Die Haushaltsabteilungsleiterin sagte, dass die Experten im Ministerium „schon das Gefühl haben, dass es mit den niedrigen Zinsen nicht immer so weiter geht und irgendwann ein Bodensatz erreicht ist“. Daher rechnet die Landesregierung nun für 2020 mit einem Anstieg der Zinsausgaben. Das Ministerium beziehe sich jedoch auf ein ausgearbeitetes Prognosemodell und schicke sich nicht an, eine eigene Meinung über die Zinsentwicklung zu vertreten.

Reinhold Hilbers (CDU) kritisierte, die Planung der Landesregierung beruhe auf zu optimistischen Annahmen, man gehe nämlich von weiter stetig steigenden Steuereinnahmen aus. „Es gibt keine Vorsorge für den Fall, dass es anders kommt.“ Christian Grascha (FDP) nannte es „bemerkenswert“, dass keine Mehrausgaben des Landes wegen des beitragsfreien Kindergartens verankert worden seien. Gerald Heere (Grüne) widersprach: Man dürfe in solche Planungen strikt nur das schreiben, was bereits gesetzlich festgelegt sei. Renate Geuter (SPD) lobte vor allem Mehrausgaben für energetische Sanierungen und Bauunterhaltung. Hier habe Niedersachsen einen Nachholbedarf, die Finanzplanung gehe darauf auch ein.