Trotz der Berichte über die systematische Unterdrückung der Uiguren in der chinesischen Provinz Xinjiang sieht die Landesregierung derzeit keinen Anlass, an der Entscheidung des VW-Konzerns für den Werksstandort in der Provinz etwas zu ändern. Das hat Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann am Mittwoch auf Nachfrage der Grünen-Fraktion im Landtag deutlich gemacht. Es gebe zu diesem Zeitpunkt keinen Grund daran zu zweifeln, dass dieser Produktionsstandort von VW weiter aufrechterhalten werde. „Sollte sich an der grundsätzlichen Bewertung etwas ändern, werden wir das sicherlich zum Anlass nehmen, unsere Aufsichtsratsfunktion entsprechend wahrzunehmen“, sagte Althusmann.

Wirtschaftsminister Bernd Althusmann mit einer Grafik zur weltweiten Lage der Menschenrechte – Foto: MB.

Man beobachte kontinuierlich die Menschenrechtssituation und erwarte von China, die Rechte von Minderheiten im ganzen Land zu achten und zu schützen. Der Autokonzern habe auf Nachfrage mitgeteilt, dass keine Hinweise auf Menschenrechtsverletzungen im Werk vorlägen. Der Konzern suche den Dialog und prüfe Maßnahmen im Rahmen des unternehmerischen Einflusses. „Wir selbst erwarten, dass China möglichst bald internationale Beobachter ins Land lässt, die sich ein Bild der Lage machen können.“


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Das Engagement von Volkswagen im Nordwesten Chinas war vor mehreren Wochen in den Blickpunkt des Interesses gerückt, nachdem Medien von einer massenhaften Internierung von Angehörigen der muslimischen Minderheit der Uiguren berichtet hatten. Dabei war von mehr als einer Million Menschen die Rede, die in Lagern festgehalten würden.

Bereits zur Eröffnung des für Volkswagen sehr kleinen Werks mit rund 650 Mitarbeitern war im Jahr 2013 deutlich geworden, dass der Autobauer an einem problematischen Standort aktiv wurde. „Der riskanteste Standort im VW-Imperium“, titelte damals die „Wirtschaftswoche“ und verwies bereits auf Diskriminierungen der Uiguren in der Unruheprovinz.

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In der Branche ist davon die Rede, dass die Standorteröffnung Teil eines Deals mit China gewesen sein könnte. Volkswagen habe demnach die Möglichkeit bekommen, an der Ostküste in größerem Ausmaß Autos zu produzieren und im Gegenzug das Mini-Werk in Urumqui aufgebaut. Zum Vergleich: Volkswagen verkauft pro Jahr über vier Millionen Autos in China, in Urumqui werden gerade einmal 50.000 Autos gefertigt.

Grüne wollen Ombudsmann vor Ort

Althusmann begrüßte am Mittwoch im Landtag ausdrücklich, dass der VW-Konzern im Januar vergangenen Jahres eine Menschenrechtskoordinatorin benannt habe. Die Stelle sei bei Hiltrud Werner angesiedelt, dem Vorstandsmitglied für Integrität und Recht. Grünen-Fraktionsvize Christian Meyer hält das für zu wenig. Seiner Meinung nach wäre ein Ombudsmann direkt im Werk in Urumqui nötig, an den sich Opfer von Menschenrechtsverletzungen wenden können müssten. Die Landesregierung habe die Chance verpasst, „sich klar für die Einhaltung der Menschenrechte in China und gegen die brutale Unterdrückung der Uiguren durch Umerziehungslager in der Region des VW-Werks in Urumqui zu positionieren“, kritisierte Meyer.

Althusmann zufolge gehört ein Viertel der 650 Mitarbeiter in dem Werk einer Minderheit an. Das entspreche in etwa dem Anteil der Minderheiten in der Stadt.

Der Wirtschaftsminister wies anhand einer grün, gelb und rot eingefärbte Weltkarte darauf hin, dass die Menschenrechtssituation, wie sie hierzulande verstanden werde, im überwiegenden Teil der Welt nicht als Maßstab gesehen werde. Das sei bedauerlich, aber eine kluge Wirtschaftspolitik könne Perspektiven für die Zukunft schaffen, deren Nebeneffekt oftmals auch eine Verbesserung der Menschenrechte sein könne. Artikel