Auf den letzten Metern der Amtszeit von Stephan Weil als Vorsitzender der Länder-Ministerpräsidentenkonferenz hat die Staatskanzlei in Hannover jetzt ein Reformpapier auf den Tisch gelegt. Dieses ist mit Nordrhein-Westfalen und offenbar auch anderen Ländern abgestimmt worden, sodass man darin einen „überparteilichen Vorschlag“ erkennen kann. Es geht um die Änderung eines ursprünglich vom Kanzleramt vorgelegten Konzeptes zur Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsprozessen.

Hendrik Wüst (links) und Stephan Weil wollen Planungen und Genehmigungen beschleunigen. | Foto: StK

Mit Stand vom 19. September wird auf 17 Seiten aufgelistet, was sich am Ist-Zustand in Deutschland alles ändern soll. Betitelt ist das Papier mit „Kompromissvorschlag Vorsitz-Land Niedersachsen und Co-Vorsitz-Land Nordrhein-Westfalen“. In der Einleitung steht: „Es gilt, Beschleunigungsmöglichkeiten systematisch zu identifizieren und wirksam zu realisieren.“ Der formelle und materielle Prüfungsumfang müsse „auf das erforderliche Maß reduziert“ werden.

Das vertrauliche Papier liegt dem Politikjournal Rundblick vor. Hier die wesentlichen Punkte:

Straffung der Beteiligung: Bei Planungen sollten Umweltverbände und Bürger frühzeitig eingebunden werden – allerdings nicht doppelt und mehrfach, sondern nur einmal. Antragskonferenzen, bei denen alle Mitwirkenden zusammengezogen werden, sollten zum Regelfall werden. Fristen sollten verkürzt werden, Erörterungstermine bei Planfeststellungsverfahren sollten nicht verbindlich sein. Die Ergebnisse von Beteiligung sollten digital erfasst werden und auch später leicht abrufbar sein.

Parallele statt serielle Planung: Etwa bei Straßenplanungen sollten Verbände nicht wie bisher nacheinander, sondern möglichst parallel beteiligt werden, um Zeit zu sparen.

Gesetzliche Genehmigungsfiktion: Bei vielen Vorhaben, etwa Mobilfunk-Masten, müssen mehrere Behörden beteiligt werden. Der Bund soll für geeignete Fälle die Regel schaffen, dass ein Antrag als genehmigt gilt, wenn die zuständige Behörde in einer bestimmten Frist nicht widersprochen hat. Ähnlich könnten auch Stichtagsregeln wirken.

Datenbanken nötig: Für Umwelt- und Wasserschutzdaten soll eine Datenbank angelegt werden, auf die bei Planungen regelmäßig zurückgegriffen werden kann. Das kann teure Sonder-Gutachten entbehrlich machen. Vereinfachte Standards gibt es bereits für den Windkraftausbau beim Artenschutz, dies könne ausgeweitet werden.


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Hürden beim Netzausbau: Bisher können Grundstückseigentümer den Zutritt verweigern, wenn über ihre Fläche etwa ein Stromkabel geführt werden soll. Der Bund soll regeln, dass Eigentümer in solchen Fällen verpflichtet sind, ihr Grundstück betreten zu lassen.

Vorzeitiger Maßnahmen-Beginn: Neben Einschränkungen von Pflichten zu Umweltverträglichkeitsprüfungen und Widerspruchsverfahren soll der Bund auch für Vorhaben, die im öffentlichen Interesse liegen, einen vorzeitigen Maßnahmen-Beginn ermöglichen – über neue rechtliche Vorgaben. Dann kann damit gestartet werden, auch wenn noch nicht die letzte Genehmigung vorliegt.

Legalplanung: Der Bund soll bis zum dritten Quartal dieses Jahres prüfen, inwieweit es möglich ist, größere Planungsvorhaben und auch deren Genehmigung per Bundestagsbeschluss zu regeln – und nicht über die üblichen Wege von zeitaufwendigen Planfeststellungsverfahren. Damit könnten die Klagemöglichkeiten enorm eingeschränkt werden.



Typen-Genehmigungen: Für Windkraft- oder PV-Anlagen soll gelten, dass Typen-Genehmigungen eingeführt werden. Ist ein System einmal genehmigt, muss nicht an jedem neuen Standort eine neue Genehmigung eingeholt werden. Auch konkret festgeschriebene Abstandsregeln könnten aufwendige Genehmigungsverfahren nach der TA Lärm abkürzen.

Bauen erleichtern: Der Ausbau von Dachgeschossen für Wohnzwecke soll in allen Bundesländern von der Genehmigungspflicht befreit werden.

Mobilfunkmasten: Solche Masten, die bis zu 15 Meter hoch im Innen- und 20 Meter im Außenbereich von Wohngebieten sind, sollen genehmigungsfrei sein. Mobilfunkanlagen sollen auch an Windkraftanlagen montiert werden können. Parallel von Straßen sollen sie auch gebaut werden können.

Mobilfunkmasten gibt es in verschiedenen Ausführungen. Bei der Mobilfunkversorgung von Ortschaften werden häufig Schleuderbetonmasten gebaut. | Foto: Deutsche Funkturm

Schienen-Ausbau: Die Planfeststellung und -genehmigung für Schienenprojekte soll befristet bei nur einer Instanz, dem Bundesverwaltungsgericht, gebündelt werden. Diese Vorhaben sollen grundsätzlich mit einem „überragenden öffentlichen Interesse“ versehen werden.

Personal besser ausbilden: Der Bund soll ein „Kompetenzzentrum für die Fort- und Weiterbildung von Planern“ aufbauen, einen „Wissenspool“ und ein Netzwerk. Der Bund soll den Personalaufbau von Ländern und Kommunen finanziell unterstützen. Das Unternehmen „Partnerschaft Deutschland“ (PD) soll dabei helfend zur Seite stehen. Eine höhere Eingruppierung von Fachpersonal für die Planungsprozesse wird angestrebt.