Kommunen nehmen die Schaufel in die Hand
Wer in der Tageszeitung die Anzeigen zum Wohnungsmarkt durchblättert, findet oft nur noch wenig. Das liegt zwar auch daran, dass mehr im Internet und weniger in der Zeitung annonciert wird. Aber es gibt auch dort weniger Anzeigen. In vielen Städten und Gemeinden fehlt es an Wohnraum und das führt automatisch dazu, dass freie Wohnungen in den vergangenen Jahren deutlich teurer geworden sind.
Neben den ostfriesischen Inseln hat die NBank zwölf Städte in Niedersachsen identifiziert, für die die Mietpreisbremse in Frage kommt. Darunter sind die großen Städte wie Hannover, Osnabrück, Braunschweig und Oldenburg, aber auch kleinere wie Buchholz oder Leer. Die Mietpreisbremse wird von der Mehrheit allerdings nicht besonders euphorisch gesehen. In Göttingen sind die Erwartungen „eher zurückhaltend“. Die Wohnungsbauziele, die sich die Stadt bis 2030 gesteckt hat, seien nur erreichbar, wenn die Rahmenbedingungen für den sozialen Wohnungsbau besser würden. „Die staatliche Förderung muss von Darlehens- auf Zuschussförderung umgestellt werden. Und damit das Bauen nicht immer teurer wird, muss man sich die immer höher geschraubten Baustandards ansehen und gegebenenfalls korrigieren“, meint Göttingens Stadtsprecher Detlef Johannson.
In Vechta, auch auf der Mietpreisbremsen-Liste vertreten, hält man von dem Instrument noch weniger. „Sie wird aus unserer Sicht nicht hilfreich sein und könnte sich auf den hohen Bedarf an Wohnraum sogar kontraproduktiv auswirken“, sagt Volker Kläne, Sprecher der Stadt Vechta. Das Problem seien dort nicht überhöhte Mietpreise. Die Nachfrage sei einfach höher als das Angebot. In Vechta befürchtet man, dass eine Mietpreisbremse auf Investoren sogar abschreckend wirken und der Stadt damit ein Bärendienst erwiesen werden könnte. So radikal sieht man das in Buchholz und Wolfsburg zwar nicht. Aber auch dort heißt es, die Mietpreisbremse könne nur ein Mittel sein. Gegen knappen Wohnraum und steigende Mieten hilft vor allem eines: Bauen, bauen, bauen.
Wo die Bagger besonders häufig anrücken, lässt sich an einigen Zahlen ablesen. In Hannover wurden im Jahr 2014 rund 1050 Wohnungen gebaut, im vergangenen Jahr waren es fast 20 Prozent mehr. In Braunschweig wurden in diesem Jahr zwar erst 155 Wohnungen fertiggestellt – es wurden aber schon Baugenehmigungen für fast 820 Wohnungen erteilt. Gerechnet werde noch mit einigen hundert zusätzlichen Genehmigungen bis Jahresende, heißt es aus der Stadtverwaltung. In Wolfsburg soll bis 2020 der Bau von rund 6000 Wohnungen auf den Weg gebracht werden, in Braunschweig sind es 5000.
Es gibt auch Kommunen, in denen die Kurve beim Wohnungsbau nach unten geht. Das liegt dann zumeist aber an lokalen Gegebenheiten, wie der Ausweisung neuer Baugebiete. Beispiel Buchholz: Hier entstanden im Jahr 2014 insgesamt 137 Wohnungen, im vorigen Jahr waren es nur noch 66 und in diesem Jahr bis Oktober 77. Derzeit werden aber wieder Baugebiete ausgewiesen. „Die Kurve wird 2018 wieder deutlich nach oben gehen“, sagt Stadtsprecher Heinrich Helms dem Rundblick.
Die Kommunen wissen, dass Bund und Land alleine nicht für eine Entspannung auf dem Wohnungsmarkt sorgen werden. Dadurch gibt es auch neue Initiativen. Im Landkreis Harburg entsteht derzeit zum ersten Mal eine kommunale Wohnungsbaugesellschaft. Der Kreistag hat kürzlich dem Gesellschaftervertrag zugestimmt. Das Eigenkapital liegt bei 45 Millionen, das Investitionsvolumen bei 150 Millionen Euro. Im Boot sind dabei Landkreis, Gemeinden und die Sparkasse Buxtehude. „So eine Gesellschaft ist Neuland bei uns“, sagt Landkreis-Sprecher Johannes Freudewald. Es sei klarer Konsens, dass die Initiative nur eine Ergänzung des privaten Wohnungsmarktes sein könne. Klar sei aber auch: „Die Privatwirtschaft allein schafft es nicht.“ Durch den Wohnungsmangel gebe es im Kreis Harburg inzwischen sogar Probleme, Fachkräfte zu gewinnen. „Die reichen Gemeinden können zwar Kitas bauen, finden für diese aber kein Personal mehr, weil die Erzieher dort gar keine Wohnung finden“, erklärt Freudewald.
Und so nehmen die Kommunen die Schaufel in die Hand. Ob es ein Architektenwettbewerb für preisgünstige Wohnungen im Vechater Baugebiet Telbrake ist oder ein aufgestocktes kommunales Wohnraumförderprogramm in der Landeshauptstadt Hannover: Die Kommunen in Niedersachsen haben erkannt, dass genügend für Wohnraum eine wichtige Grundlage für eine gute Entwicklung sein wird. (MB.)
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