In einem beispiellosen Kraftakt wollen das Land, die Landkreise und die kreisfreien Städte in den kommenden Wochen landesweit 60 Impfzentren aufbauen. Doch in den Kommunen herrscht nun die Sorge, ob man nicht doch am Ende auf vielen Kosten sitzen bleibt. „Wir haben zwar die allgemeine Zusage, dass das Land die Kosten trägt. Aber wie es dann konkret laufen soll, steht noch nicht fest“, sagte der Geschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages (NST), Dirk-Ulrich Mende, am Donnerstag im Haushaltsausschuss des Landtags.

Herbert Freese vom Niedersächsischen Landkreistag (NLT) ergänzte: „Es muss jetzt alles sehr schnell gehen, das ist klar. Aber aus dem bisherigen Entwurf des Innenministeriums geht noch nicht hervor, wer dafür aufkommen muss, wenn die Kassenärztliche Vereinigung in bestimmten Bereichen womöglich doch nicht genügend Ärzte abstellen kann.“ Die Sorge bestehe, so Freese weiter, dass es später zu „Debatten über die Anschaffung von Mehrfachsteckdosen“ kommen könnte, dass also über die vorweggenommenen Ausgaben der Kommunen nachträglich ein Streit über die Abrechnung entstehen könne.

60 Impfzentren soll es geben, doch wer zahlt die? – Foto: sharryfoto

Die Leiterin der Haushaltsabteilung des Finanzministeriums, Martina Wethkamp, sprach von einer „Klärung der Detailfragen“ zwischen Innen- und Sozialministerium in diesen Tagen. 70 Millionen Euro habe das Land für die Impfzentren schon freigegeben, insgesamt plane das Land mit Ausgaben von 250 Millionen Euro. Wethkamp sieht „keinen Grund für Zweifel“, denn die Vereinbarung stehe kurz vor dem Abschluss, die Verständigung mit den Kommunalverbänden werde folgen. Bei der Vorstellung des Konzeptes für die neuen Impfzentren hatte Innenminister Boris Pistorius Mitte November versprochen, dass das Land für die Kosten der Impfzentren aufkommen werde. Das Finanzministerium trug jetzt im Haushaltsausschuss vor, der Bund werde den Impfstoff bezahlen und liefern, den Rest trage dann das Land.

Die drei Kommunalverbände, Städtetag, Landkreistag und Städte- und Gemeindebund, hatten am Donnerstag vor dem Haushaltsausschuss des Landtags zu den Plänen der Großen Koalition für das Jahr 2021 vorgetragen. Dabei wurden mehrere Punkte angesprochen:

Unterhaltsvorschuss: Mit der Neuregelung im Bundesgesetz, die den Kreis der Empfänger erheblich vergrößert, steigen die Kosten. NST-Geschäftsführer Mende betonte, die gewünschte Entlastung des Landes lasse hier auf sich warten.

Bildungs- und Teilhabepaket: Die Kommunen pochen auf die „Konnexität“, nach der sie für diese Aufgabe vom Land eine volle Kostenerstattung benötigten. Da das Land die Aufgabe an den Bund weiterreiche, sei dieser nötige finanzielle Ausgleich jetzt gefährdet.

Krippenausbau: Für den Krippen- und Kindergartenausbau fließt Geld des Landes – allerdings 2021 nur die Hälfte der erhofften Summe. Ein Vertreter des Kultusministeriums erklärte, die andere Hälfte werde über den Haushalt 2020 abgebucht.

Nahverkehrsgesetz: Die Kommunen begrüßten, dass das Land mehr Geld gibt für den Schulbusverkehr. Der Haushaltsausschussvorsitzende Stefan Wenzel (Grüne) bezweifelt allerdings, ob dieses Geld ausreichen wird. Wenzel sagte, die Situation in den Schulbussen sei derzeit immer noch unbefriedigend, weil die Kinder dort viel zu eng sitzen würden. Dies lasse sich erleichtern, wenn die Schulen generell zu einem gestaffelten Unterrichtsbeginn übergehen würden – also einen Teil des Unterrichts erst später starten lassen würden. „Das ist jetzt schon möglich, wird nur aus pädagogischen Gründen in vielen Fällen nicht getan“, sagte Ulf Thiele (CDU).

Neuverschuldung wird gebremst: Die Haushaltsabteilungsleiterin Wethkamp erklärte, die neuen Kredite zur Konjunkturbelebung sollten 2021 auf 445 Millionen Euro begrenzt werden. Die ursprünglich geplanten Notlagen-Kredite von 180 Millionen Euro sollten nicht aufgenommen werden.