Kommunen freuen sich über „Modell Tübingen“
Niedersachsens Regierungssprecherin Anke Pörksen hat am Mittwoch noch einmal versichert, dass trotz der vielen aufregenden Nachrichten rund um das Corona-Virus die Zusage für sogenannte „Modell-Kommunen“ bleibt: Sozialdemokraten und Christdemokraten hatten sich verständigt, dass das im baden-württembergischen Tübingen erprobte Verfahren auch in Niedersachsen eingeführt werden soll. Einkaufswillige sollen sich aktuell testen lassen – und wenn sie ein negatives Testergebnis vorweisen können, bekommen sie einen Ausweis, der ihnen für diesen Tag den Zutritt zu den Einzelhandelsgeschäften und zu Gaststätten ermöglicht.
Damit soll nach Ostern ein Shopping-Erlebnis wieder auch in niedersächsischen Städten möglich werden. Wie der Sprecher des Wirtschaftsministeriums, Eike Frenzel, in der Landespressekonferenz erklärte, hätten in seinem Haus schon acht Kommunen gemeldet und Interesse bekundet. Pörksen fügte jedoch hinzu: „Ein offizielles Antragsverfahren soll es nicht geben.“ Das Risiko sei überdies, dass bei einem starken Anstieg der Inzidenzen der Spielraum für Öffnungen der Geschäfte wohl kaum möglich sei.
Ich wünsche mir, dass wir nach Ostern möglichst viele Modellprojekte an den Start bringen können – und damit ein deutliches Signal in Richtung Normalität aussenden können.
Im NDR hatte Ministerpräsident Stephan Weil erklärt, dass es sich bei dem „Modellversuch“ um einen Test handelt – bei dieser Gelegenheit solle untersucht werden, welche Öffnungen möglich sind und wie eine möglichst gute Organisation laufen kann. Dieser Test könne zunächst „drei oder vier Wochen“ dauern. Der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages (NST), Jan Arning, zeigte sich vorübergehend enttäuscht, weil womöglich nicht alle Kommunen, die mitmachen wollen, berücksichtigt werden können. Dem Politikjournal Rundblick sagte er: „Ich wünsche mir, dass wir nach Ostern möglichst viele Modellprojekte an den Start bringen können – und damit ein deutliches Signal in Richtung Normalität aussenden können.“ Ein Feldversuch wäre möglich, wenn man flächendeckend, beispielsweise in jedem Landkreis, die Möglichkeit einräumen würde. Daran ist aber offenbar nicht gedacht.
Wie es heißt, stehen die Kommunalverbände im ständigen Kontakt mit der Staatskanzlei, dem Sozialministerium und dem Wirtschaftsministerium. Bei der praktischen Umsetzung wären nun zwei Wege möglich. Entweder die Zahl der teilnehmenden Städte wird von vornherein begrenzt, bei der Auswahl müssten sich dann Ministerien und Kommunalverbände verständigen. Oder aber ein Messwert (auch die Inzidenz, aber nicht nur) wird als Maßstab angelegt, damit nur jene Kommunen in Betracht kommen, die die Kriterien erfüllen. Die Kommunalverbände wollen auch verhindern, dass No-go-Areas entstehen, also abgegrenzte Zonen, in denen nur Getestete Zutritt haben. Es soll möglich bleiben, dass nicht getestete Personen nach wie vor Lebensmittelgeschäfte in diesen Testzonen aufsuchen und dort einkaufen dürfen.
FDP protestiert gegen Ministerpräsidentenkonferenzen: Die Kehrtwende von Kanzlerin Angela Merkel bei der zunächst verkündeten „Osterruhe“, also einer radikalen Beschränkung der Wirtschaft auch am Gründonnerstag, hat Niedersachsens FDP-Chef Stefan Birkner zu einer heftigen Gegenreaktion veranlasst. „Das Chaos in der Frage der Osterruhe zeigt sehr deutlich, dass sich die Ministerpräsidentenkonferenz als Entscheidungsgremium in der Corona-Krise überlebt hat. Derart weitreichende Entscheidungen und vor allem eine nachhaltige Strategie müssen vorab diskutiert und öffentlich abgewogen werden. Wir können uns keine weiteren Fehlentscheidungen leisten, die in nächtlichen Hinterzimmerrunden getroffen werden. Die Corona-Politik muss endlich in den Landtagen und im Bundestag gemacht werden.“ Ministerpräsident Stephan Weil habe die „Osterruhe“-Entscheidung der Kanzlerin mitgetragen und für eine großartige Idee gehalten. Nun müsse er erklären, was deren Rücknahme für Niedersachsen bedeute.
Mir ist bewusst, dass damit bei den Bürgern ein Vertrauensschaden entstanden ist, das tut mir sehr leid. Fehlentscheidungen müssen zurückgenommen werden, das ist heute geschehen.
Weil äußert sein Bedauern: Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) sagte am Mittwochabend, er nehme „mit Respekt zur Kenntnis, dass die Kanzlerin die Verantwortung für das Scheitern der Osterruhe übernommen hat“. Gleichzeitig erklärte er: „Gleichwohl haben alle Ministerpräsidenten diese Entscheidung mit getroffen und tragen auch die Verantwortung dafür mit – auch ich. Mir ist bewusst, dass damit bei den Bürgern ein Vertrauensschaden entstanden ist, das tut mir sehr leid. Fehlentscheidungen müssen zurückgenommen werden, das ist heute geschehen.“