Am vergangenen Freitag hat Doris Schröder-Köpf, die Landesbeauftragte für Migration und Teilhabe, eine Pressemitteilung verschickt – eine Gratulation an die Polen aus Anlass der 99. Wiederkehr des Tages ihrer Unabhängigkeit. Das wirkte recht schräg, denn ein richtiges Thema wird die polnische Unabhängigkeit wohl erst in einem Jahr, am 11. November 2018. In Landtagskreisen wurde spekuliert, Schröder-Köpf könne sich unter Zugzwang gesetzt gefühlt haben, denn gegenwärtig ist absolut unklar, ob sie auch im November 2018 noch tätig ist, also wieder von der nächsten Landesregierung als ehrenamtliche Landesbeauftragte bestellt wird. Womöglich war dies also eine ihrer letzten Mitteilungen als Landesbeauftragte. Schröder-Köpfs derzeitige Rolle ist ungewöhnlich. Sie ist SPD-Landtagsabgeordnete, nimmt aber gleichzeitig administrative Aufgaben wahr, und zwar ohne besondere Entschädigung. So handelt es sich bei ihr um eine Vermischung von legislativen und exekutiven Funktionen. Damit ist die Landesbeauftragte nicht die erste, der eine solche Zwitter-Rolle zukommt, früher hat es dies auch bei Funktionen etwa von Aussiedlerbeauftragten gegeben.

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Da Schröder-Köpf nicht auf Grundlage eines Gesetzes ins Amt gekommen ist und ihre Aufgaben nicht als Laufbahn-Beamtin wahrnimmt, kann sie jederzeit abberufen werden. So ist davon auszugehen, dass die Position der Migrationsbeauftragten auch Gegenstand der Verhandlungsmasse zwischen SPD und CDU in den laufenden Koalitionsgesprächen ist. Theoretisch sind drei Optionen denkbar. Die erste wäre, dass Schröder-Köpf mit Zustimmung der CDU im Amt bleibt. Dann könnten die Christdemokraten daraus aber ein Entgegenkommen der SPD in einer anderen Sach- oder Personalfrage erwarten. Die Frage ist, ob ein solcher Deal ausdrücklich im Koalitionsvertrag niedergeschrieben oder nur zwischen den Parteien fest verabredet würde. Die zweite Option lautet, dass die Stelle der Migrationsbeauftragten an die CDU fällt. Dann käme anstelle von Schröder-Köpf ein Abgeordneter der Christdemokraten zum Zuge. Vorstellbar ist das durchaus, denn die lobenden Einlassungen von Schröder-Köpf zur Rolle von Russlands Präsidenten Wladimir Putin, die sie wenige Tage vor der Landtagswahl gegenüber einer russischen Nachrichtenagentur von sich gab, sind in Teilen der CDU durchaus kritisch aufgenommen worden – und nicht nur dort. Manche sehen darin eine peinliche Anbiederung an Putin. Die dritte Variante wäre, dass die Position der ehrenamtlichen Migrationsbeauftragten eingespart wird zugunsten einer hauptamtlichen Besetzung dieser Stelle, dann würde ein Mitarbeiter der Landesregierung die Aufgabe wahrnehmen, etwa ein Abteilungsleiter in der Staatskanzlei oder im Innen- oder Sozialministerium. Die CDU hatte im Wahlkampf sogar eine „Staatssekretärin für Integration“ im Sozialministerium vorgeschlagen und dafür die Journalistin Düzen Tekkal nominiert.

Es gibt noch fünf andere Landesbeauftragte, deren Schicksal stark von den Koalitionsverhandlungen abhängen dürfte. SPD und Grüne hatten vier Landesbeauftragte für Regionalentwicklung berufen – zwei Sozialdemokraten (Matthias Wunderling-Weilbier und Karin Beckmann), eine Grüne (Jutta Schiecke) und ein Parteiloser (Franz-Josef Sickelmann). Manches deutet darauf hin, dass es bei den Landesbeauftragten bleiben dürfte, dass aber womöglich noch weitere hinzukommen. Da die Amtsinhaber als politische Beamte jederzeit in den Ruhestand versetzt werden können, ist aber unklar, ob die vier handelnden Personen ungefährdet sind. Für Sickelmann ist das wohl der Fall, für Wunderling-Weilbier vermutlich auch. Bei den beiden Frauen sieht es anders aus. Die fünfte Position, deren Schicksal unbestimmt ist, ist die Landesbeauftragte für die Aufarbeitung der Schicksale der vom Radikalenerlass betroffenen Menschen, die frühere SPD-Landesbeauftragte Jutta Rübke. Auch sie arbeitet – wie Schröder-Köpf – strikt ehrenamtlich, aber ihre Position war zwischen Rot-Grün und CDU/FDP heftig umstritten. Ob und wie ihre Arbeit fortgesetzt wird, muss auch in den Koalitionsgesprächen ausgehandelt werden.