Klimaschutzgesetz: Zu viel Realismus, zu wenig Ambitionen?
Im Hannover Congress Zentrum geht es heute den ganzen Tag lang um den Klimaschutz. In mehreren Workshops diskutieren Experten zum Beispiel darüber, was der Klimawandel für den Tourismus oder für die Wirtschaft bedeutet. Bei zahlreichen Verbänden in Niedersachsen liegt derweil der aktuelle Entwurf des Klimaschutzgesetzes der Landesregierung auf dem Tisch. Jetzt geht es an die Feinarbeit. Die Kritiker halten sich bedeckt; nur leise wird zum Teil auf das Klimagesetz in Nordrhein-Westfalen verwiesen. Dort ist es zum Beispiel laut Gesetz möglich, die Gemeinden und Gemeindeverbände „zur Erstellung von Klimaschutzkonzepten zu verpflichten“. Und auch manche Zahl erscheint im Düsseldorfer Gesetz ambitionierter. So setzt sich das Land zum Ziel, bis zum Jahr 2030 eine insgesamt klimaneutrale Landesverwaltung zu erreichen. Im niedersächsischen Gesetz heißt es dagegen: „Für den Bereich der Landesverwaltung wird für den Zeitraum bis zum Jahr 2030 eine Reduktion der Treibhausgasemissionen um 70 Prozent gegenüber dem Stand von 1990 angestrebt. Bis zum Jahr 2050 soll eine weitestgehend klimaneutrale Landesverwaltung erreicht werden.“
Ambitionen in Düsseldorf, Realismus in Hannover? Einige hegen die Hoffnung, das Gesetz im laufenden Verfahren noch etwas anspitzen zu können. So wurde das Ziel, die Treibhausgase im Land bis 2050 um 80 bis 95 Prozent im Vergleich zu 1990 reduzieren zu können, im copy und paste-Verfahren vom Bund übernommen. Hier könnte Niedersachsen nach dem Wunsch mancher „weniger 80 und mehr 95“ in das Gesetz schreiben. Und mancher fragt sich auch, ob man die Kommunen ganz aus ihrer Verantwortung entlassen sollte. Möglicherweise eröffnen sich doch noch Möglichkeiten, eine Idee könnte dabei ein verpflichtendes gemeinsames Monitoring von Land und Kommunen sein.
Volker Bajus, Umweltpolitiker bei der Grünen-Landtagsfraktion, sieht das Gesetz als Chance für mehr Klimaschutz und er sieht darin Ziele, die auch tatsächlich umsetzbar sind. Dabei habe der Runde Tisch Energiewende eine entscheidende, gesellschaftspolitische Rolle gespielt. „Dabei wurden konkrete Szenarien entwickelt und die wichtigsten Akteure einbezogen“, sagt Bajus. Einbezogen waren auch die Unternehmerverbände Niedersachsen. Deren Hauptgeschäftsführer Volker Müller schlägt vor, die geplanten Klimaschutzmaßnahmen von unabhängiger Stelle in einem wissenschaftlichen Verfahren analysieren zu lassen. „Damit ließe sich jede Maßnahme besser bewerten. Auf dieser Basis könnte man objektiv entscheiden, welche Maßnahme man zuerst angeht und welche am Ende nicht effektiv genug ist“, so Müller im Gespräch mit dem Rundblick.
Der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund (NSGB) wiederum ist froh, dass die Kommunen „nicht mit unnützen Dokumentations- oder Monitoring-Pflichten überzogen werden“. So sagt es NSGB-Präsident Marco Trips dem Rundblick. „Ich glaube, dass die gesteckten Ziele nur schwer erreichbar sein werden. Die echte Musik im Klimaschutzbereich spielt auf Bundesebene und international.“ Trips fände es sinnvoll, mit der Elektromobilität oder der Brennstoffzelle durch den Bund echte Alternativen zu den benzingetriebenen Fahrzeugen auf den Weg zu bringen.
Der umweltpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, Martin Bäumer, fragt sich allerdings, wozu das Klimaschutzgesetz überhaupt nötig ist. „Wer sich zu etwas verpflichten will, der kann das doch einfach machen. Wer braucht dann eigentlich so ein Gesetz?“, fragt Bäumer. Den Landtag wird das Klimaschutzgesetz dennoch erreichen. Wenn es zügig läuft, schon im Februar.