„Haben Sie schon mal eine amerikanische Waschmaschine irgendwo im Angebot gefunden?“ Diese Frage des Direktors des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln, Michael Hüther, lässt das Publikum im Celler Schloss nur kurz die Stirn runzeln. Denn Hüther erklärt sofort, warum so eine Waschmaschine in Deutschland gar nicht erst angeboten werden kann. „Die Waschmaschine war für mich bei einem USA-Aufenthalt die großartigste Erfahrung. Ich wusste nämlich gar nicht, dass man in Rührschüsseln waschen kann. Die Maschine sah aus wie ein Modell aus dem Jahr 1952, produziert von einem volkseigenen Betrieb in Rostock.“ Soviel zur Wettbewerbsfähigkeit der amerikanischen Industrie.

https://soundcloud.com/user-385595761/2017-05-10-huther

Die neuen Protektionisten wie US-Präsident Donald Trump wollen neue Grenzen hochziehen, aber das muss der Wirtschaft nur begrenzt Sorgen bereiten. Das wird immer wieder deutlich in den Celler Schloss-Gesprächen unter dem Motto „My country first“ am Dienstagabend. „Sowohl Trump als auch der Brexit haben bisher keine Schleifspuren in der deutschen Wirtschaft hinterlassen“, erklärt Hüther am Rande der Veranstaltung dem Politikjournal Rundblick. Das sei auch an den aktuellen Höchstzahlen beim Export abzulesen. „Wir stellen offenkundig fest, dass die deutsche Wirtschaft im Kern sehr robust ist. Die politischen Unsicherheiten vergangener Zeiten scheinen heute so nicht mehr zu wirken.“ Das liegt Hüther zufolge auch an der starken weltweiten Vernetzung der Wirtschaft. „Die Globalisierung der Wertschöpfungsketten machen das System als Ganzes stabiler, es lässt sich nicht so leicht ins Wanken bringen.“

Teilnehmer der Celler Schloss-Gespräche, darunter Uwe Hehl (2.v.l.), Michael Hüther (2.v.r.) und Volker Schmidt (r.) – Foto: Niedersachsenmetall

Einig sind sich die Experten darin, dass Protektionismus in erster Linie denjenigen beschädigt, der ihn betreibt. Für den Hauptgeschäftsführer von Niedersachsenmetall, Volker Schmidt, werden deshalb auch die Verbraucher in den USA die Zeche für Strafzölle bezahlen müssen. „Soll Trump doch Strafzölle auf kanadisches Holz oder Stahl von Salzgitter erheben – den Schaden hat zunächst einmal die US-Industrie, die strukturell auf Importe angewiesen ist. Am Ende wird es für die US-Konsumenten teurer.“

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Auch in Mexiko entspannt sich inzwischen die Lage. Das berichtet Uwe Hehl, Vorstand der Veritas AG in Gelnhausen. Der Autozulieferer hat weltweit über 4500 Beschäftigte und auch ein Werk in Mexiko. „Die Diskussionen ebben ab und das Gebilde fängt an, gewaltig zu bröckeln“, meint Hehl zu Trumps zahlreichen Ankündigungen. Ihn wundern auch die ersten Anzeichen dafür nicht, dass die Mauer zwischen den USA und Mexiko nun doch nicht mehr gebaut werden soll. „Die Wirtschaft ist heute so extrem vernetzt – wenn man Grenzen schließt, kommt überhaupt nichts mehr rein und raus.“

Dennoch sind es unruhige Zeiten: Der Brexit kommt, Donald Trump regiert in den USA und Frankreich ist an Marine Le Pen im zweiten Wahlgang noch einmal vorbeigeschrammt. Wie lassen sich Populismus und Populisten verhindern? Hüther plädiert dafür, stärker auf regionale Unterschiede zu achten. In Frankreich und den USA gebe es enorme Unterschiede in den Lebenssituationen. Das betreffe in den USA zum Beispiel die Einkommen im Silicon Valley und an der Ostküste auf der einen und den sogenannten Flyover-States in der Mitte des Landes. Im Gegensatz dazu gebe es in Deutschland keine abgehängten Regionen. Deshalb müsste sich Trump unter anderem auf regionale Wirtschaftsentwicklung konzentrieren, schlägt Hüther vor.

https://soundcloud.com/user-385595761/digitalisierung-firmen-durfen-sich-nicht-auf-aktuellen-erfolgen-ausruhen

Alles in Ordnung also zuhause beim Exportweltmeister? Nein, auch hier dürfen wir die Hände nicht in den Schoß legen, warnen die Wirtschaftsexperten. So gibt es laut Hüther immer noch eine große Lücke zwischen dem allgemeinen zur Kenntnis nehmen, was Digitalisierung bedeutet und der Realität in den Unternehmen. „Die großen Unternehmen und der größere Mittelstand sind bereits unterwegs, die Kleinen sind allerdings eher schwächer. Bei ihnen gibt es eine Skepsis in Bezug auf die Datensicherung oder auf die konkreten Bedeutung für das eigene Geschäftsmodell. Hüther mahnt: Man kann in Deutschland mit relativ traditionellen Dingen immer noch erfolgreich sein. Das ist aber nicht die Zukunft.“

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Auch Volker Schmidt warnt davor, sich zurückzulehnen. „Wir sitzen hier mitunter auf einem sehr hohen Ross und denken, das kommt alles von allein. Wie viele unserer Berufsschulen haben denn tatsächlich einen Anschluss ans Breitbandnetz?“ Nötig seien jetzt Investitionen in die Berufsschulen, um gerade für den Mittelstand genügend Fachkräfte zu ermöglichen. „Wir müssen am Ball bleiben und uns den Vorsprung, den wir haben, immer wieder neu erarbeiten.“ (MB.)