Kanzlerkandidat Laschet will ein Digitalministerium mit Querschnittsfunktion
Wie muss die Bundesregierung künftig zusammengesetzt sein? Brauchen wir eine Föderalismusreform? Welche Lehren müssen wir aus der Corona-Pandemie ziehen? Und vor allem: Wie kann man konkret die Planungsprozesse in Deutschland beschleunigen? CDU/CSU-Kanzlerkandidat Armin Laschet hat sich im Interview mit der Redaktion des Politikjournals Rundblick zu diesen und anderen Fragen geäußert.
Rundblick: Brauchen wir eine Neuaufteilung der Bund-Länder-Kompetenzen als Lehre aus der Corona-Zeit? Müsste das mit mehr Bundeszuständigkeiten einhergehen? Haben Sie während der Corona-Zeit eine zu große Uneinigkeit der Länder wahrgenommen?
Laschet: Erfreulich finde ich, dass unser föderales Land im europäischen Vergleich gut durch die Krise gekommen ist. Die Corona-Pandemie hat uns aber wie unter einem Brennglas die Schwächen unseres Staatswesens aufgezeigt. Nun gehören unsere staatlichen Strukturen auf den Prüfstand. Wir brauchen eine echte Föderalismusreform. Wir wollen einen hocheffektiven, schlanken, flexiblen und schlagkräftigen Staat. Die Digitalisierung ist dabei entscheidend. Vieles ist in den vergangenen Jahren vorangetrieben worden, wir sind aber nicht da, wo wir sein wollen. Das wird eine der großen Aufgaben für die kommende Legislaturperiode werden. Ich möchte, dass sich in der nächsten Bundesregierung nicht wie bisher jedes Ministerium einzeln um die Digitalisierung kümmert. Deswegen will ich auf Bundesebene ein Digitalministerium mit einer Querschnittszuständigkeit schaffen. Dieses Haus soll Prozesse voranbringen und Treiber für Innovation sein.
Rundblick: Alle Parteien beklagen eine zu langsame Geschwindigkeit von Planungen und Investitionen, gerade für Großvorhaben wie Verkehrswege und Energieversorgung. Wie kann man das beschleunigen? Welche Ansätze der CDU sind überzeugender als die Positionen der politischen Konkurrenz?
Laschet: Wir müssen in Deutschland schneller werden, schneller genehmigen, kürzere Verfahren und kürzere Verwaltungsprozesse haben. Wenn wir Bürokratie abbauen, kostet das nichts und ist zudem sehr effektiv. Lassen Sie uns die Chancen des digitalen Wandels nutzen. Staatliche wie private Dienstleistungen können verstärkt online beansprucht werden. Dies müssen wir fördern. Dann sind da die juristische Hürden, die weg müssen: Ein wichtiges Hemmnis ist im Augenblick ein ausuferndes Verbandsklagerecht. Ein Beispiel: Jemand im Breisgau oder in den Bayerischen Alpen lebt kann mit seiner Klage den Ausbau einer Stromtrasse verhindern, die aus Windenergie gewonnenen Strom von der Nord- oder Ostsee in den Rest des Landes transportiert. Das ist nicht akzeptabel. Wenn wir es mit der Modernisierung unseres Landes und der Energiewende ernst meinen, müssen wir auch dafür Sorge tragen, dass Infrastrukturprojekte umgesetzt werden können. Deswegen sind die Grünen auch unehrlich, wenn sie in Sonntagsreden für eine schnellere Planung sind, vor Ort sich aber an die Spitze einer jeden Protestgruppe setzen.
„Wenn schon Vertreter parlamentarischer Parteien – wie zuletzt gesehen bei der SPD – die Verächtlichmachung des politischen Gegners als Kampagnenelement nutzen, dann schadet das dem Ansehen der Demokratie und nicht zuletzt dem Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.“
Rundblick: Welche Veränderungen im politischen Betrieb halten Sie für angebracht, damit das Vertrauen vieler Skeptiker in die parlamentarische Demokratie wieder steigt?
Laschet: Demokratie lebt davon, dass Menschen mitmachen, sich einbringen und bereit sind Verantwortung zu übernehmen. Wir alle, Politiker aller Parteien, wissen, dass es sich lohnt für Anliegen zu kämpfen und sich auch Dinge verändern lassen. Wichtig sind dafür zum einen engagierte Abgeordnete, die sich für ihre Wahlkreise einsetzen und für die Anliegen der Bürgerinnen und Bürger ansprechbar sind. Zum anderen erleben wir aber auch, dass der Ton im politischen Diskurs rauer geworden ist. Da müssen wir Politiker und Politikerinnen Vorbild sein. Der politische Streit, die sachliche Auseinandersetzung, ist wichtig. So kann sich jeder eine Meinung bilden. Und wir stellen sicher, dass alle gehört werden. Aber das Ganze muss mit Respekt geschehen – vor der anderen Meinung und vor dem Gegenüber. Wenn schon Vertreter parlamentarischer Parteien – wie zuletzt gesehen bei der SPD – die Verächtlichmachung des politischen Gegners als Kampagnenelement nutzen, dann schadet das dem Ansehen der Demokratie und nicht zuletzt dem Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.
Rundblick: Was halten Sie von Überlegungen, Bürgerräte aus spontan ausgelosten, für begrenzte Zeit beratend tätigen Bürgern zur Ergänzung der repräsentativen, durch Wahlen gebildeten Gremien zu bilden?
Laschet: Bürgerräte können mehr Menschen in den politischen Prozess einbeziehen und den Politikern damit ein Stimmungsbild geben. Dabei können Bürgerräte die parlamentarische Demokratie ergänzen. Wichtig ist aber, dass die Parlamente weiterhin die Gestaltungshoheit besitzen. Die letztendlichen Entscheidungen müssen in den Parlamenten getroffen werden, weil nur diese durch die Bevölkerung legitimiert sind.
„In einer von mir geführten Bundesregierung werden die Kabinettsposten der CDU gleich mit Frauen und Männern
besetzt sein.“
Rundblick: Welche drei Ziele haben Sie zur Modernisierung der CDU? Wann wird die Geschlechterparität in den CDU-Fraktionen in Bund, Ländern und Kommunen die Regel sein?
Laschet: Wir sind eine erfolgreiche Volkspartei, weil Erneuerung für uns eine Daueraufgabe ist. Wir haben in einer Reformkommission zahlreiche Vorschläge zur Modernisierung der Partei erarbeitet. Die unterschiedlichen Gruppen der Gesellschaft müssen auch in der Mitgliedschaft der CDU – sowie in Ämtern, Funktionen und Mandaten – repräsentiert sein. Nur so bleiben wir die starke Volkspartei der Mitte. Wir brauchen mehr Frauen in Ämtern und Mandaten, das ist für mich ganz klar. Deshalb wollen wir, dass aus unserem bisherigen Quorum eine verbindliche Quote bei Wahlen zu Vorstandsämtern wird. In einer von mir geführten Bundesregierung werden die Kabinettsposten der CDU gleich mit Frauen und Männern besetzt sein. Und auf den Wahl-Listen brauchen wir auch mehr Parität. Und wir wollen, dass sich Familie und Ehrenamt in der Politik nicht ausschließen. Digitale Gremiensitzungen – wie während der Corona-Krise geschehen – haben sich ja bewährt. Das wollen wir fortführen. Das heißt: Weniger Zeit im Auto zum Treffen, mehr Zeit für die Familie zu Hause. Schließlich: Wir werden den Weg zur digitalen Volkspartei weiter gehen. Unsere Verbände sollen künftig nicht nur digital tagen, sondern auch digital Beschlüsse fassen können. Dies soll eine Ergänzung sein. Das persönliche Treffen ist natürlich weiterhin am schönsten.