So einfach ist es dann doch nicht. Als Zeichen gegen die Koalitions-„Ausschließeritis“ nach der Landtagswahl hatten die Jungen Liberalen auf ihrem Landeskongress in Hannover Vertreter der anderen politischen Jugendorganisationen eingeladen. Und so saßen bei einer Podiumsdiskussion am Samstag im Hannover Congress Centrum (HCC) nicht nur der Landesvorsitzende der Jungen Union, Tilman Kuban, und die Vorsitzende der Grünen Jugend in Niedersachsen, Paula Rahaus, auf dem Podium, sondern ausgerechnet auch Philip Le Butt, Bezirksvorsitzender der Jusos in Hannover. Le Butt hatte im Jahr 2013 in der Landespolitik kurzfristig traurige Berühmtheit erlangt, nachdem er Rande des Christopher Street Days „Wir füllen unser Schwimmbad mit dem Blut der FDP“ gegrölt hatte. Anschließend hatte er sich dafür entschuldigt.

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Die Diskussion habe gezeigt, dass die Jugendorganisationen schon deutlich weiter seien als die Parteien in Niedersachsen, sagte Lars Alt, Vorsitzender der Julis im Land, der ebenfalls mit auf dem Podiums saß, anschließend im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. „Während die Parteien im Lagerwahlkampf der 90er Jahre verharren, sehen die Jugendorganisation, dass alle Parteien unterschiedliche Schwerpunkte mitbringen, die dann in unterschiedlichen Koalitionen umgesetzt werden können.“ Eine optimistische Einschätzung. Denn während der Diskussion waren die Lager im Blauen Saal des HCC nach wie vor spürbar. Den meisten Applaus der fast 100 Jungliberalen im Saal bekam neben Juli-Chef Alt der JU-Vorsitzende Kuban. Allein an einer Stelle blieb der Applaus aus, als ausgerechnet Kuban sich zum Verteidiger des FDP-Landesvorsitzenden Stefan Birkner aufschwang. Es sei gut, dass die FDP ihr Wort halte und bei einem Nein zur Ampel bleibe. „Die FDP wäre in einer Ampel zum Steigbügelhalter für rot-grüne Politik geworden“, meinte Kuban. Das sehen die Julis nahezu geschlossen anders – mehr dazu weiter unten im Text.

Auf dem Podium: Paula Rahaus, Tilman Kuban, Philip Le Butt, Lars Alt (v.l.n.r.) – Foto: MB.

Neue Koalitionsoptionen taten sich auf der Bühne nicht auf, obwohl sowohl Kuban als auch Le Butt betonten, wie unglücklich sie mit einer möglichen Großen Koalition seien. „Das ist keine Liebesehe, sondern eine Zwangsheirat“, sagte der JU-Landesvorsitzende. Diese gehöre in Deutschland zwar verboten, aber nun müssten CDU und SPD das Übel ertragen und Verantwortung zeigen. Auch Le Butt sagte, er sei über die Groko sehr unzufrieden, aber eine Ampel sei nun einmal an der FDP gescheitert. Rahaus machte noch einmal deutlich, dass sie ein Jamaika-Bündnis  in Niedersachsen eher für aussichtslos hält. Vor allem in der Bildungspolitik zeigten sich die Unterschiede auch zwischen den Jugendorganisationen. Die Debatte hätte in diesem Punkt inhaltlich eins zu eins im Landtag so geführt werden können. „Wir werden mit der CDU keine Fortschritte in der Bildungspolitik erzielen“, prognostizierte Le Butt. Mit der Podiumsdiskussion zeigten die Jugendorganisationen, dass man miteinander spricht. Die Aktion war damit ein Pluspunkt für die politische Diskussionskultur, neue Koalitionsmöglichkeiten abseits der Großen Koalition zeichneten sich dagegen eher nicht ab.

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Der Spalt zwischen den Jungen Liberalen und der FDP-Spitze im Land wurde am Nachmittag sogar noch ein wenig breiter. Der Antrag „Projekt 2022 – Eine neue FDP für ein neues Niedersachsen“, in dem die FDP-Spitze um den Vorsitzenden Stefan Birkner massiv kritisiert wird (der Rundblick hatte darüber berichtet), wurde von den Delegierten sogar noch fast einstimmig verschärft.

Im ursprünglichen Antrag war das Nein zur Ampel vor der Wahl zwar kritisiert worden. Zugleich wurde aber eingeräumt, dass man an einem Ausschluss nach der Wahl nun festhalten müsse. Die Delegierten änderten das auf dem Landeskongress. Jetzt heißt es: „Für den Fall, dass es zu keiner Koalition aus SPD und CDU kommt müssen die Freien Demokraten sich auf die demokratischen Sitten zurück besinnen und in ernsthafte Sondierungen mit SPD und Grünen eintreten.“

Den Ausschluss der Ampel halten so gut wie alle Jungen Liberalen für einen Fehler.

Der Julis-Vorsitzende Lars Alt erneuerte noch einmal seine Kritik an der FDP-Spitze. „Den Ausschluss der Ampel halten so gut wie alle Jungen Liberalen für einen Fehler. Dabei geht es nicht nur darum, dass, sondern auch wie sie ausgeschlossen wurde, nämlich nicht auf demokratischem Entscheidungswege, zum Beispiel durch den FDP-Landesvorstand“, sagte Alt dem Rundblick. In seiner Rede auf dem Landeskongress hatte Alt das Abschneiden der Freien Demokraten bei der Landtagswahl als Enttäuschung bezeichnet.

„Den Ausschluss der Ampel halten so gut wie alle Jungen Liberalen für einen Fehler“, meint Lars Alt – Foto: Julis

„Das ist für uns kein ‚solides Ergebnis‘. Statt eine Aufbruchstimmung zu erzeugen und sich mit innovativen Vorschlägen zur Gestaltung der Zukunft als kreative Alternative für unser Land zu präsentieren, hat die FDP in fünf Jahren rund ein Viertel ihrer Stimmen verloren.“ Als Erklärung reiche es nicht aus zu sagen, dass die FDP vor allem im Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und CDU Federn gelassen habe. Das Ergebnis müsse vielmehr Anlass für tiefgreifende Reformen innerhalb der FDP Niedersachsen sein, die durch das gute Wahlergebnis bei der Landtagswahl im Jahr 2013 zu lange verschleppt worden seien.