Es ist schon sinnvoll, wenn ein Reporter unterwegs genau weiß, wie er das Handy so halten muss, dass ein druckbares Foto herauskommt.
Das donnernde Plädoyer des Leiters der Henri-Nannen-Schule für die Pflege des Qualitätsjournalismus findet auf dem Podium der „Niedersächsischen Mediengespräche“ großen Anklang. Andrea Lütke, Leiterin des NDR-Funkhauses Hannover, lehnt die Ausbildung zu „Alleskönnern“ ebenso ab wie Hendrik Brandt, Chefredakteur der „Hannoverschen Allgemeinen Zeitung“ und auch Chefredakteur Michael Wulf von der RTL-Mediengruppe. Gleichzeitig zwingt die Veränderung der Medienwelt sie alle, den Journalisten in ihren Häusern mehr und ständig neue Fähigkeiten abzuverlangen. „Es ist schon sinnvoll, wenn ein Reporter unterwegs genau weiß, wie er das Handy so halten muss, dass ein druckbares Foto herauskommt“, sagt Brandt.
Lütke, die seit 67 Tagen das NDR-Funkhaus am Maschsee leitet, spricht von den „drei Türmen“ beim NDR – Fernsehen, Hörfunk und Online-Auftritt. Inzwischen habe man begonnen, „zwischen diesen Türmen Brücken zu bauen“, und allmählich versuche sie jetzt, die gegenseitige Vernetzung zu verstärken: „Dann wird es öfter vorkommen, dass ein Hörfunkkollege loszieht und ein Kamerateam mitnimmt.“ Der Alltag verändert sich also, bei allen Medien. „Die neue Generation an Journalisten muss deutlich mehr können als früher, sie muss auch technisch viel mehr Fähigkeiten mitbringen“, sagt Wulf von der RTL-Mediengruppe. Erschwerend komme der wachsende Zeit- und Konkurrenzdruck hinzu. „Die große, ordentliche Recherche wird unter diesen Bedingungen immer schwieriger.“
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Aber es gibt doch sicher auch viele junge Leute, wendet Rundblick-Chefredakteur Martin Brüning als Moderator ein, die schon den Anspruch an die Medien hätten, umfassend und schnell informiert zu werden? Ja, antwortet Journalistenschul-Leiter Wolfers. Nur: Seine Erfahrung ist, dass die Mehrheit der Absolventen der Henri-Nannen-Schule eben nicht von einer Karriere als Nachrichtenmann oder Lokaljournalist träumt, sondern von einem Aufstieg bei der „Zeit“ oder beim „Spiegel“.
HAZ-Chefredakteur Brandt hält ein flammendes Plädoyer für den Lokaljournalismus dagegen. Die durchaus verbreitete „Abneigung gegen Lokales und Regionales“ sei verkehrt. „Vielleicht legen wir bei der Auswahl der Leute zu viel Wert auf Sprachgewandtheit und zu wenig darauf, dass sie geerdet sind und offen bleiben für neue Erfahrungen.“ Brüning stimmt zu: „Auf eine Auslandsreportage bekommt man meistens keine Reaktion. Aber man wird beim Bäcker sicher darauf angesprochen, welchen Artikel man über die Vorgänge im Dorf geschrieben hat.“


