In der Klimaschutz-Debatte richtet die SPD die schärfsten Angriffe auf die Grünen
„Der Fuhrpark des Landes wird auf Klimaschutzbelange entwickelt“, sagt der SPD-Abgeordnete Marcus Bosse in der Landtagsdebatte, während vor der Tür des Parlaments die Chauffeure in den Luxuslimousinen von Audi warten. Gern wird die große Motorisierung gewählt, mit fünf Litern Hubraum. Im Landtag wird derweil am Mittwoch schon an Freitag gedacht. „Fridays for future“ nennen sich die Demonstrationen, bei denen Schüler bundesweit für mehr Klimaschutz auf die Straße gehen. Dafür gibt es im Landtag natürlich Lob von nahezu allen Seiten. Laura Rebuschat (CDU) hat großen Respekt vor den jungen Menschen, Umweltminister Olaf Lies findet es positiv, dass sich die Schüler nicht gegen etwas demonstrieren, sondern für etwas auf die Straße gehen: einen besseren Schutz des Klimas. „Das tut der Gesellschaft gut“, meint Lies. Und der FDP-Fraktionsvorsitzende Stefan Birkner merkt an, das politische Engagement der jungen Menschen sei grundsätzlich zu begrüßen.
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Abseits dieser Gemeinsamkeit erleben Zuschauer im Landtag in der Klima-Debatte allerdings das übliche und diesmal auch noch recht inhaltsleere Ping-Pong der Vorwürfe. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Anja Piel, versucht den Ministerpräsidenten ans Rednerpult zu locken. Er sei es den Jugendlichen der Bewegung schuldig, die er in der Staatskanzlei empfangen habe. Weil sei verantwortlich für das Nicht-Handeln dieser Landesregierung. „Wer von den jungen Leuten, die bei Ihnen waren, soll Sie noch ernst nehmen?“, fragt Piel.
Es komme ihr vor, als hätten SPD und CDU die Aufgaben verteilt. Die SPD könne ankündigen, müsse aber nicht liefern, während die CDU ausbremse. „Ein beschämendes Theater“, so Piel, die nach wie vor das bereits in der letzten Legislaturperiode unter Rot-Grün geplante Klimaschutzgesetz vermisst. Als entlarvend bezeichnete Piel später die Aussage von Marcus Bosse, die Grünen bekämen noch „ihr Klimaschutzgesetz“. Das zeige, dass die SPD sich den Klimaschutz-Gedanken noch lange nicht zu eigen gemacht habe.
Die schärfsten Attacken gegen die Grünen kommen in der Debatte überraschenderweise von der SPD. „Sich immer ständig anzumaßen und vorzugaukeln, nur die Grünen hätten die Deutungshoheit in Sachen Klimaschutz, ist mitnichten so“, sagt Marcus Bosse in Richtung der Grünen-Fraktionsvorsitzenden. „Der Weg zu mehr Klimaschutz unterscheidet uns.“ Die SPD sei nicht dafür, die Menschen beim Klimaschutz zu bevormunden.
Was wir insgesamt abschalten, wird in China in einem Jahr neu gebaut.
An konstruktiven Vorschlägen versucht sich derweil der FDP-Fraktionsvorsitzende Stefan Birkner. Er setzt auf die FDP-Maxime, den Emissionshandel auszuweiten, auch auf den Verkehrs- und Gebäudesektor. „Wir müssen global die Treibhausgasemissionen senken. Nationale Alleingänge sind nicht zielführend“, mahnt der ehemalige niedersächsische Umweltminister.
Auch Umweltminister Olaf Lies schaute über die Grenze Niedersachsens und Deutschlands hinaus. In Bezug auf den Kohlekompromiss sagte Lies: „Was wir insgesamt abschalten, wird in China in einem Jahr neu gebaut. Deutschlands Aufgabe ist es, zu zeigen, dass Wachstum und Wohlstand mit Klimaschutz möglich sind und das als Modell weltweit umzusetzen.“ Die Pläne der Grünen würden dagegen dazu führen, dass es keine Akzeptanz in den Ländern geben werde, die auch noch Anspruch auf Wohlstand anmeldeten und derzeit dabei auf fossile Energien setzten. Man müsse Klimaschutz als Chance begreifen. „Ihre einfachen Antworten sind zu kurz“, so der Vorwurf des SPD-Politikers Lies.
Und auch Rebuschat warnt, komplexe Themen lüden zu gewaltiger Vereinfachung ein. „Wir können nicht so tun, als gebe es in der Umwelt- und Energiepolitik keine Interessenkonflikte. Es gibt mehr Facetten in Einklang zu bringen als Abschaltdaten von Kohle und Kernkraftwerken.“
Allerdings braucht es nach Ansicht der Grünen schnelle Antworten. „Ich will, dass Ihr handelt, als würde Euer Haus brennen. Denn es brennt“, zitiert Anja Piel die schwedische Schülerin Greta Thunberg. Die 16-Jährige ist zum Gesicht der Bewegung geworden. Aber brennt das Haus überhaupt? Der AfD-Abgeordnete Stefan Wirtz zweifelt daran. „Nein, das Haus brennt nicht, es wird wärmer. Vielleicht wird es auch kälter, das könnte zum Beispiel an der Sonne liegen oder andere Ursachen haben.“
Die AfD zweifele entgegen mancher Vorwürfe nicht daran, dass sich das Klima wandele. Es gebe aber berechtigte Zweifel, dass der menschliche Einfluss dabei eine große Rolle spiele und dass man diesen Wandel überhaupt aufhalten könne und sollte. „Es wird sich etwas ändern beim Klima und das werden wir nicht aufhalten können. Es gibt kein Raumthermostat, keinen Regler an der Erde“, so Wirtz. Auch er warnte vor deutschen Sonderwegen. „Niemand außer uns verzichtet auf fossile Energieträger. 1400 neue Kohlekraftwerke und fast 150 neue Kernkraftwerke werden weltweit gebaut.
Wir schaffen uns als einzige das komische Alleinstellungsmerkmal, auf unsere sichere Energie verzichten zu wollen. Dem wird keiner nacheifern.“ Wenn die Schüler, die auf die Straße gehen, etwas für ihre Zukunft tun wollten, dann sollten sie in der Schule bleiben und lernen – auch freitags. (MB.)