Hinter den Kulissen gibt es ein heftiges Gerangel, Arbeitsrechtler entwerfen Pläne, mögliche Fallszenarien werden aufgeschrieben und gegeneinander abgewogen: Laut Bundesgesetz müssen alle Mitarbeiter in Krankenhäusern, Arztpraxen, Rettungsdiensten, ambulanten Pflegediensten, Tageskliniken, Reha-Einrichtungen und den angegliederten Bereichen bis zum 15. März einen Nachweis über eine Corona-Schutzimpfung vorlegen. All jene Beschäftigten, die das in der Frist nicht getan haben, müssen dann von der Leitung der Einrichtung dem zuständigen Gesundheitsamt gemeldet werden.

„Die Gesundheitsämter sind alarmiert und in großer Sorge, ob sie das schaffen können.“

Dort, bei den 44 niedersächsischen Gesundheitsämtern, beginnt dann eine aufwendige Einzelfallprüfung, die in einen rechtskräftigen Bescheid münden muss. Der Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages (NST), Jan Arning, sagte dem Politikjournal Rundblick: „Die Gesundheitsämter sind alarmiert und in großer Sorge, ob sie das schaffen können. Immerhin befinden sich die dortigen Mitarbeiter seit zwei Jahren in einem Krisenmodus.“

Auch Küchen- und Reinigungspersonal ist von Impfpflicht betroffen

Nach Schätzungen des NST arbeiten landesweit 240.000 Personen in den entsprechenden Einrichtungen. Die Impfpflicht gilt für alle dort tätigen Mitarbeiter, nicht nur für jene, die direkt mit Patienten oder Bewohnern zu tun haben. Also ist auch das Küchen- und Reinigungspersonal betroffen, nicht jedoch der Postbote, der zweimal täglich Briefe und Pakete anliefert. Wenn zehn Prozent der Beschäftigten sich nicht haben impfen lassen, so die gängige Annahme, betrifft das eine Zahl von 24.000 Mitarbeitern – und für die 44 Gesundheitsämter heißt das im Durchschnitt mehr als 500 Personen für jedes Amt. Das ist eine stattliche Zahl.

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Tatsächlich liegt, was die bundesgesetzliche Verpflichtung angeht, der „schwarze Peter“ bei den Gesundheitsämtern. Diese müssen den Betroffenen Gelegenheit zur Anhörung geben, mögliche Fälschungen von Attesten und Nachweisen aufspüren und dann in jedem Einzelfall abwägen, ob der nicht-geimpfte Mitarbeiter die Einrichtung weiter betreten darf oder ein Hausverbot bekommen muss. Vorstellbar wäre, dass einige die Auflage erhalten, von zuhause aus ihre Aufgaben oder womöglich andere Aufgaben zu verrichten. Der Wechsel der Mitarbeiter in einen anderen Bereich dürfte ein schwieriger Ausweg sein, da das Gesetz ausdrücklich alle Mitarbeiter dieser Einrichtungen mit der Impfpflicht belegt.

Bundestag nimmt Abstand vom Beschäftigungsverbot für Ungeimpfte

Nach Auskunft von Arning hätten die Kommunalverbände es lieber gesehen, wenn der Gesetzgeber selbst ein Beschäftigungsverbot für nicht-geimpfte Mitarbeiter in den betreffenden Einrichtungen verhängt hätte. Doch davon nahm der Bundestag Abstand. Damit wird die Sache komplizierter: Die Gesundheitsämter müssen eine Ermessensentscheidung treffen, wie mit den gemeldeten nicht-geimpften Arbeitnehmern umzugehen ist. Handlungsleitungen des Sozialministeriums gibt es dafür bisher nicht, Ministerin Daniela Behrens (SPD) kündigte diese gestern allerdings an – nachdem es ein Abstimmungsgespräch mit der Bundesregierung gegeben hat. Wird dann vom Gesundheitsamt ein Betretungsverbot für die Einrichtung ausgesprochen, liegt der Ball wieder beim Arbeitgeber, also der Leitung des Krankenhauses, des Pflegedienstes oder der Arztpraxis. Der Betroffene könnte entlassen oder unbezahlt in Urlaub geschickt werden, wobei die zweite Variante ein Affront für all jene wäre, die der Impfpflicht nachgekommen sind. Nicht berücksichtigt sind dabei auch die möglichen Rechtsstreitigkeiten: Der Bescheid des Gesundheitsamtes für einen Mitarbeiter, dem Zutritt zu seinem Arbeitsplatz verwehrt wird, könnte vom Empfänger gerichtlich angefochten werden – und das kann dann dauern.

NST-Hauptgeschäftsführer Arning rechnet nicht damit, dass schon im März für große Teile der Betroffenen Entscheidungen vorliegen. Hinzu kommt ein Dilemma, in dem sich die Einrichtungen befinden. In einer Situation, in der mehr denn je jede helfende Hand benötigt wird, droht die personelle Ausdünnung der Pflegekräfte. Das Gesetz zu ignorieren, könnte aber für Arztpraxen, Krankenhäuser und Pflegedienste harte Folgen haben. Sollte ein nicht-geimpfter Mitarbeiter auffallen, der dem Gesundheitsamt nicht gemeldet wurde oder der trotz der anderslautenden behördlichen Weisung weiter zum Dienst gegangen ist, liegt die Verantwortung bei der Einrichtung. Diese müsste wohl auch haften, falls ein nicht-geimpfter Mitarbeiter das Virus weiterträgt und ein Patient oder Heimbewohner ernsthaft erkrankt.