Immer öfter werden Menschen in Niedersachsen Opfer von Betrügern, die sich am Telefon als Polizeibeamte oder Verwandte ausgeben und Geld verlangen. Das geht aus einer Abfrage bei den Polizeibehörden hervor, wie das Innenministerium jetzt auf eine Anfrage der FDP berichtet hat. Besonders die Zahl der zur Anzeige gebrachten Anrufe von falschen Polizisten ist demnach seit 2017 gestiegen. Wurden 2016 noch rund 257 Fälle gemeldet, so registrierte die Polizei im Jahr darauf 2927 Fälle und bis November 2018 insgesamt 3946 Fälle.

Die Anzeigen zum Betrug mittels des sogenannten „Enkeltricks“ ist 2018 im Vergleich zum Vorjahr zwar um 62 Fälle rückläufig, doch mit 708 Fällen immer noch hoch. Den Erfolg der beiden Betrugsmaschen erklärt das Landeskriminalamt mit den ausgeprägten rhetorischen Fähigkeiten der Betrüger, die es verstünden, ihre älteren, oft alleinlebenden und geistig oder körperlich eingeschränkten Opfer für sich einzunehmen. „Die Hilfsbereitschaft gegenüber Verwandten sowie das insbesondere bei älteren Menschen starke Vertrauen in die Institution Polizei werden skrupellos ausgenutzt“, sagt ein LKA-Sprecher.

Senioren werden mit „Schockanrufen“ überrumpelt

Die Kriminellen suchen sich meist alleinlebende Opfer im Seniorenalter, die oft aufgrund von Krankheit und Vereinsamung die Stimme des Anrufers für die eines Verwandten oder Bekannten halten und daher nicht skeptisch werden, wenn derjenige eilig eine größere Summe Geld für einen Autokauf benötigt. Auch das Vertrauen in die Polizei wird ausgenutzt, indem sich die Kriminellen als Polizisten vorstellen und vorgeben, einer Einbrecherbande auf der Spur zu sein. Oft lassen sie sich Schmuck und Geld von ihren Opfern zur vorgeblich sicheren Aufbewahrung aushändigen. Vor allem Senioren mit osteuropäischen Wurzeln werden zudem mit sogenannten „Schockanrufen“ überrumpelt, bei denen sich der Betrüger als Staatsbediensteter ausgibt und behauptet, ein Verwandter säße in Haft und könne nur gegen Zahlung einer hohen Summe Geld freikommen.

Der rasante Sprung bei den Anrufen von falschen Polizisten dürfte auch damit zu erklären sein, dass diese Art des Betrugs im polizeilichen Vorgangsbearbeitungssystem „Nivadis“ nicht gesondert erfasst, sondern unter mehreren Schlagworten gespeichert wird. Allerdings nutzen die Betrüger seit einiger Zeit das sogenannte „Spoofing“, um mit technischer Hilfe eine seriöse deutsche Rufnummer wie etwa die Nummer des örtlichen Polizeikommissariats auf den Displays der Angerufenen aufleuchten zu lassen, damit ihr Anruf vertrauenserweckender wirkt.

Bei den jetzt veröffentlichten Zahlen handelt es sich ausnahmslos um Fälle, die mit dem Stichwort „Call-ID-Spoofing“ abgespeichert wurden. Wie groß das Problem tatsächlich ist, lässt sich dennoch nur erahnen. Die Zahl der versuchten und nicht angezeigten Fälle dürfte erheblich größer sein als die nun veröffentlichten Zahlen. Die jüngste Dunkelfeldstudie des Landeskriminalamts geht davon aus, dass lediglich 24 Prozent der Betrugsstraftaten der Polizei gemeldet werden. Allerdings zeigt die Aufklärung offenbar Wirkung. Nach Veröffentlichung der Dunkelfeldstudie 2015 ist die Zahl der gemeldeten „Enkeltrick“-Betruge um mehr als das Doppelte angestiegen.

Das zeigt, dass die Aufklärung noch intensiver werden muss.

Aus Sicht des FDP-Innenpolitikers Jan-Christoph Oetjen sind vor allem die Zahlen beim Betrug durch falsche Polizisten alarmierend. „Das zeigt, dass die Aufklärung noch intensiver werden muss.“ Da es sich aber um eine Zielgruppe handele, die die Öffentlichkeit meide und über die sozialen Medien kaum zu erreichen sei, müsse man über andere Kanäle nachdenken. „Man könnte zum Beispiel eine regelmäßige Fernsehsendung zum Thema machen.“ Da die Zahlen auch eine Häufung von Taten in bestimmten Gebieten wie etwa Oldenburg zeigten, könne aus seiner Sicht auch die Einrichtung von Ermittlungsgruppen sinnvoll sein. Derzeit informiert die Polizei potenzielle Opfer und ihre Angehörigen mit einer Broschüre über die Maschen der Betrüger und tauscht sich regelmäßig mit Banken aus. Bei einigen Kreditinstituten sind das Phänomen und Präventionsmaßnahmen mittlerweile auch Teil der Ausbildung.