IHK Niedersachsen fordert deutlich mehr Tempo beim Breitband-Ausbau
Die Industrie- und Handelskammer in Niedersachsen (IHKN) mahnt eine höhere Geschwindigkeit beim Breitbandausbau im Land an. Nach Meinung der Kammer bremst derzeit vor allem die sogenannte „Aufgreifschwelle“ den Ausbau. Noch bis Ende des Jahres ist nur dort eine Förderung möglich, wo noch keine Bandbreite von 30 Megabit pro Sekunde (Mbit) existiert, ab dem kommenden Jahr wird die Schwelle auf 100 Mbit erhöht.
Erst ab 2023 soll die Schwelle ersatzlos entfallen. Dabei sind bereits heute 30 Mbit für manche Privathaushalte zu wenig, für Unternehmen absolut keine Option. Es sei ein großes Ärgernis, dass es dem Bund in den Verhandlungen mit der EU nicht gelungen sei, die „Aufgreifschwelle“ bereits früher entfallen zu lassen, heißt es bei der IHKN.
Das Land Niedersachsen, dem die Kammerexperten im Grunde eine gute Arbeit beim Breitbandausbau bescheinigen, werde wie auch andere Bundesländer dadurch ausgebremst. Wichtig sei jetzt eine frühzeitige Abstimmung zwischen Bund und Ländern, damit man mit der Gigabit-Förderung schon pünktlich zum 1. Januar 2023 starten könne. Dabei müsse auch einkalkuliert werden, dass Behörden bei der Vorbereitung derzeit gehandikapt sein könnten, weil Teile durch die Corona-Krise nicht in voller Besetzung arbeiten. Die bisherige Erfahrung habe allerdings gezeigt, dass die einzelnen Verfahrensschritte auch ohne die Corona-Problematik im Hintergrund viel Zeit in Anspruch nehmen.
Es muss jetzt schnell gehen. Breitband muss flächendeckend zur Verfügung stehen, ansonsten werden wir unser blaues Wunder erleben.
IHKN-Hauptgeschäftsführer Hendrik Schmitt bereitet der nur schleichende Ausbau der Breitband-Infrastruktur Sorgen. „Es muss jetzt schnell gehen. Breitband muss flächendeckend zur Verfügung stehen, ansonsten werden wir unser blaues Wunder erleben“, sagt Schmitt im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick. Besser wäre es seiner Meinung nach gewesen, schon früher mit der 100-Mbit-Schwelle bei der Förderung zu beginnen, weil die Wege bis zum endgültig verlegten Kabel eben doch sehr lang seien – so lang, dass man vielerorts eben erst in ein paar Jahren bei 100 Mbit sein werde, ohne zu wissen, ob 100 Mbit pro Sekunde dann überhaupt noch den Anforderungen genügen oder schon von gestern sind.
Bereits heute gebe es auf dem Markt viele Anwendungen, die aber aufgrund der fehlenden digitalen Infrastruktur noch nicht nutzbar seien. „Wenn wir so weitermachen, scheitern wir“, befürchtet Schmitt. Man brauche die digitale Infrastruktur jetzt, ansonsten hinke man hinterher. Unternehmen in unterversorgten Gebieten hätten bereits heute einen klaren Standortnachteil. Und auch für Schulen und Hochschulen seien die Breitbandanschlüsse wichtig, das habe sich jetzt in der Corona-Krise gezeigt.
Mehr Tempo bei Mobilfunknetzen
Auch in anderen Bereichen des digitalen Ausbaus setzt die IHKN auf mehr Tempo, zum Beispiel bei den Mobilfunknetzen. Nach wie vor gebe es vor allem im äußersten Nordosten und im Südwesten des Landes 4G-Funklöcher. Betroffen seien auch das Weserbergland und ganz besonders der Harz. Geht es nach der Kammer, sollte es kein weiteres Markterkundungsverfahren mehr geben, wenn nach einem ersten Verfahren der private Netzbetreiber seine Absichtserklärung zum eigenwirtschaftlichen Ausbau nicht einhält. Dann sollte dennoch direkt mit dem geförderten Ausbau begonnen werden, meint man bei der IHKN. Bei der Digitalisierung im Verkehr plädiert die Kammer dafür, nicht nur öffentliche Verkehrsunternehmen, sondern auch private Busbetreiber in die Förderung von Digitalinvestitionen mit aufzunehmen.
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Auch in anderen Bereichen des Verkehrs könne die Digitalisierung zu deutlichen Verbesserungen beitragen, zum Beispiel bei der digitalen Erfassung von Lastwagen-Stellplätzen an den Autobahnen. „Dann müssten viele Fahrer nicht mehr so lange nach einem Stellplatz suchen. Das wäre ein positiver Effekt für deren Arbeitszeit und gleichzeitig eine CO2-Ersparnis“, erläutert Schmitt, der fest überzeugt ist, dass durch digitale Möglichkeiten auch auf zahlreichen anderen Feldern mehr Effizienz und dadurch auch CO2-Einsparungen möglich sind.