„Historischer Kompromiss“ von SPD und Grünen zu drei bis vier Gesetzen
Die rot-grüne Landesregierung hat ihren öffentlichen Konflikt um das Wassergesetz und einen eher internen Konflikt um drei andere Gesetze offensichtlich beigelegt. Beim Wassergesetz gibt Umweltminister Stefan Wenzel (Grüne) seine bisher harte Position auf, für sämtliche Flüsse und Bäche in Niedersachsen einen fünf Meter breiten Uferstreifen vorzusehen, der frei von Düngung und Pflanzenschutzmitteln bleiben muss. Beim Transparenzgesetz und beim Agrarstrukturgesetz, zwei von den Grünen-Ministern Antje Niewisch-Lennartz (Justiz) und Christian Meyer (Landwirtschaft) vorangetriebenen Reformen, verzichtet die SPD auf ihre – über die Kommunalverbände artikulierten – Einwände. Die beiden Vorhaben sind am Dienstag, ebenso wie das im letzten Schritt entschärfte Wassergesetz, vom Kabinett beschlossen worden. Gleichzeitig mehren sich nun Hinweise, dass die Grünen ein von der Mehrheit der SPD-Landtagsfraktion gefordertes Anliegen mittragen werden, das Schulgesetz um ein Nikab-Verbot für Schülerinnen zu ergänzen. Dazu tagt am Freitag der Kultusausschuss.
Mit dieser Verständigung will die Koalition für vier Gesetze, die monatelang in der Schwebe waren, grünes Licht erteilen. Sie werden nun dem Landtag zugeleitet – und dürften dort teilweise intensiv beraten werden. In der Öffentlichkeit besonders heftig diskutiert wurde in den vergangenen Wochen das Wassergesetz. Wenzel forderte zunächst einen fünf Meter breiten Streifen für alle Flüsse und Bäche dritter Ordnung, für die bisher dieser Schutz nicht galt. Diese Areale sollten nicht bewirtschaftet, nicht gedüngt und nicht mit Pflanzenschutzmitteln versehen werden. Die SPD war öffentlich davon abgerückt. Nun lenkt der Umweltminister ein. Das vom Bund jüngst reformierte „Fachrecht“ solle angewandt werden – das heißt: Wenn ein Bauern ein modernes Gerät nutzt, das eine Grenzstreueinrichtung hat, darf er bis zu einem Meter Abstand zum Gewässer düngen. Grundsätzlich bleibt der fünf Meter breite Streifen jedoch – dort soll kein Grünland in Acker umgebrochen werden dürfen, Bäume und Sträucher sollen nicht entfernt werden dürfen. Die Landwirtschaftskammer als Düngebehörde soll die Einhaltung der Vorschriften überwachen, dazu will Wenzel künftig auch Geo-Informationssysteme nutzen. Hermann Grupe (FDP) sagte, Wenzel habe einen „Totalschaden“ erlitten und rudere jetzt zurück. Frank Oesterhelweg (CDU) meinte, das Einlenken der Regierung sei eine Folge des massiven Protestes der Bauern.
Das Transparenzgesetz, das im Unterschied zum Wassergesetz weitgehend in der Ursprungsform bleibt, sieht den Anspruch jedes Bürgers auf Auskünfte von Behörden vor – sofern es nicht um Geschäftsgeheimnisse, persönliche Daten oder vertrauliche Unterlagen geht. Gerichte, der Landtag und Bildungseinrichtungen sind ausgenommen. Die Sparkassen werden, obwohl von dort erheblicher Protest kam, nicht von dieser Vorschrift befreit. Die Kommunen hatten über einen Eingriff in die Selbstverwaltung geklagt, weil die Einsicht in interne Unterlagen bisher den ehrenamtlichen Ratsmitgliedern vorbehalten ist. Niewisch-Lennartz sagte, die Kommunen könnten hier nicht ausgeklammert werden – da die Masse der Anfragen die Kommunalverwaltung betreffe.
Auch das Agrarstrukturgesetz wird offenbar weitgehend so in den Landtag eingebracht, wie Agrarminister Christian Meyer dies zunächst geplant hatte. Vorgesehen ist eine Pachtpreisbremse und eine Vorkehrung gegen den Wucher bei landwirtschaftlichen Flächenverkäufen. Bauern sollen keine „marktbeherrschende Stellung“ bekommen. Auch gegen diesen Gesetzentwurf hatte es erhebliche Bedenken der Kommunen gegeben – bis zu der Forderung, das Papier zurückzuziehen, zu überarbeiten und ein neues Konzept vorzulegen. Die Landesregierung hat dies am Ende nicht beeindruckt, Meyers Gesetzentwurf wird nun an den Landtag weitergeleitet.