Darum geht es: Am Montag startet die Hannover Messe. In den kommenden fünf Tagen gibt es in den Messehallen einen Ausblick auf die Industrie der Zukunft. Aber es geht nicht allein um einen Blick in die Werkhallen, meint Martin Brüning.

200.000 Besucher, 5000 Austeller aus 75 Ländern. Es sind allein solche Zahlen, die die Bedeutung der Hannover Messe erkennen lassen. Aber abseits von Fachgesprächen über die digitale Fabrik, Cyberrisiken und künstliche Intelligenz ist die Messe auch ein zuverlässiger Gradmesser für politische und wirtschaftliche Entwicklungen und Veränderungen. Das wird auch in diesem Jahr wieder deutlich.

Mexiko: Vor zwei Jahren eröffnete noch der damalige US-Präsident Barack Obama die Hannover Messe. Wohl kaum jemand dürfte auf die Idee kommen, nun seinen Nachfolger Donald Trump dafür einzuladen. Während Trump bald die ersten 50 Testkilometer seiner Mauer zu Mexiko baut, ist ausgerechnet der südliche Nachbar der USA Gastland der diesjährigen Hannover Messe. Eine klare Ansage. In Mexiko macht man sich derweil gar nicht mehr so große Sorgen wegen Trumps Bauplänen. Das Land ist inzwischen der siebtgrößte Autohersteller der Welt und nimmt bereits den Sprung auf Platz fünf ins Visier. Die Hannover Messe soll nicht nur den Blick auf Mexiko lenken, sondern auch deutlich machen, dass das Land sich von den USA abnabeln möchte. Das dürfte US-Unternehmen, die auf den Standort angewiesen sind, gar nicht gefallen.

China: Handelsstreit? Welcher Handelsstreit? Der von Trump vom Zaun gebrochene Zoll-Konflikt geht derzeit vollkommen an China vorbei. Die Wirtschaft wächst einfach weiter. Und auch auf der Hannover Messe wird China wieder äußerst präsent sein. Rund 60 Prozent der Aussteller kommen aus dem Ausland, und wie bereits im Vorjahr liegt China auf Platz zwei. Auch viele deutsche Unternehmen werden sich die chinesischen Stände wohl etwas genauer ansehen, denn im Reich der Mitte geht die Digitalisierung mit großem Tempo voran. In zwei Jahren wird es in China voraussichtlich fast eine Million Industrieroboter geben. Allerdings ist auch im fernen Osten nicht alles Gold, was glänzt: Der demographische Wandel und der zweithöchste Schuldenberg der Welt bergen große Gefahren, auch für uns in Deutschland. Wenn China stolpert, fallen alle anderen mit.

Welthandel: Die Aussteller auf der Hannover Messe kommen aus 75, die Besucher aus 100 Ländern. Wer auf der Messe beobachtet, wie vernetzt die Wirtschaft heute international agiert, kann sich nur wundern, wenn er in Zeitungen von einem „kalten Handelskrieg“ liest. Die Messe macht sicht- und erlebbar, dass kalte Krieger in der Wirtschaft von gestern sind. In einer digitalisierten und vernetzten Welt kann es nur eine weltweite wirtschaftliche Barrierefreiheit geben – klare und faire Regeln inbegriffen.

Digitalisierung: Old economy? War gestern. Die klassische Industrie ist ein Digitalisierungstreiber. Während sich in der Öffentlichkeit der Fokus häufig auf lustige, kleine Startups mit wenigen Angestellten richtet, gibt es in der Industrie gewaltige Umbrüche. Früher dachte der Chef, morgen denkt die Fabrik. Künstliche Intelligenz wird nicht nur die Prozesse immer mehr verfeinern, sondern könnte auch ein Wirtschaftswachstum von 10 Milliarden Euro ermöglich –  prognostizieren zumindest die McKinseys dieser Welt. Wo früher der Maschinenbauer werkelte, programmiert jetzt der Software-Experte. Digitalisierung ist die neue Reindustrialisierung. Sagen Sie nach einem Besuch der Hannover Messe nicht, Sie hätten es nicht kommen sehen.


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