Die Handwerkskammer Hannover warnt vor einer „Dequalifizierungsspirale“. Hauptgeschäftsführer Peter Karst stellte auf der Vollversammlung fest, dass die Zahl der Meisterbetriebe im vergangenen Jahr um 1,3 Prozent zurückgegangen ist. Die Zahl der handwerksähnlichen Betriebe blieb dagegen stabil.

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Inzwischen gehörten 43 Prozent der Betriebe im Kammerbezirk Hannover zum zulassungsfreien Handwerk und den handwerksähnlichen Betrieben, bei denen keine einschlägige Ausbildung nötig sei. Nur in diesen beiden Gruppen, die sich in der Regel als wenig bestandsfest erwiesen, gebe es seit mehreren Jahren leichte Zuwächse. Insgesamt sei das Handwerk nach wie vor ein bedeutender Wirtschaftsbereich. Im Handwerk des Kammerbezirks hätten im vergangenen Jahr fast 107.000 Menschen gearbeitet und dabei einen Umsatz von 8,3 Milliarden Euro erwirtschaftet. Die Stimmung im Handwerk ist boombedingt weiterhin hervorragend. Im dritten Quartal gab es mit 148 Punkten den höchsten Geschäftsklimaindex, der jemals in diesem Zeitraum im Kammerbezirk gemessen wurde. Besonders gut läuft es im Bau- und Ausbauhandwerk.

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Misstrauisch blicken die Handwerker nach Brüssel. Es sei gut, dass der Vorschlag einer elektronischen Dienstleistungskarte gescheitert sei, sagte Handwerkskammer-Präsident Steinmann. Mit der Karte sollten Handwerker die Möglichkeit bekommen, ihre jeweilige Qualifikation online nachzuweisen, um damit dann seine Dienste im europäischen Ausland anzubieten. Der Plan scheiterte allerdings im Binnenmarktausschuss des Europäischen Parlaments „Das hätte nett geklungen, ist aber nichts als eine Aushöhlung des Ziellandprinzips und beschädigt den Meister“, sagte Steinmann. „Man ist es langsam leid, immer nur verteidigen. Es sollte den Staaten überlassen bleiben, wie sie die Berufe organisieren.“ Steinmann warnte vor einer europäischen Berufsreglementierung auf niedrigstem Niveau.

Signalwirkung durch Meisterprämie

Lob kam von der Handwerkskammer für die in Niedersachsen neu eingeführte Meisterprämie. Steinmann verspricht sich davon eine bundesweite Signalwirkung. „Die Meisterprämie drückt die große Wertschätzung der Landesregierung für junge Menschen aus, die eine Berufskarriere im Handwerk anstreben“, sagte Steinmann. Wer im Handwerk einen Meistertitel erwirbt, soll bis zu 4000 Euro als Prämie vom Land bekommen. Sie kann rückwirkend seit dem 1. September beantragt werden. In der Handwerkskammer Hannover wurde auf der Vollversammlung die erste Antragstellerin beglückwünscht, eine alleinerziehende, dreifache Mutter aus Bückeburg, die ihren Meistertitel nebenberuflich im Gebäudereinigerhandwerk erworben hat.


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Nur noch geringe Sorgen machen dem Handwerk mögliche Diesel-Fahrverbote. „Wir können beruhigt sein. Es wird keine Fahrverbote geben“, sagte Steinmann und berief sich auf Aussagen von Wirtschaftsminister Bernd Althusmann und Umweltminister Olaf lies, die dies bestätigt hätten. Althusmann sagte am Mittwoch im Wirtschaftsausschuss des Landtages, die Grenzwerte seien offensichtlich erneut gesunken. „Wir bekommen es auch mit Einzelmaßnahmen in den Griff.“ Für das Handwerk hätten Fahrverbote dramatische Auswirkungen. Rund 80 Prozent der Handwerkerfahrzeuge haben der Kammer zufolge einen Dieselmotor. Rund 20 Prozent seien Benziner, der Anteil von Gas-, Hybrid- oder Elektrofahrzeugen liege gerade mal bei einem Prozent. Fahrverbote würden für die meisten Betriebe deshalb wie ein Berufsverbot wirken.