Sollen die Zeugen, die im Islamismus-Untersuchungsausschuss auftreten, künftig freier aussagen können als bisher? Der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtags (GBD), der diese Frage überprüft hat, sieht das in einem gestern Abend vorgelegten Gutachten so. Zur gleichen Zeit, da ein 28 Seiten umfassendes Gutachten der Parlamentsjuristen vorgelegt wird, verbreitet auch Innen-Staatssekretär Stephan Manke eine Expertise, die im Auftrag der Landesregierung vom Berliner Verfassungsrechtler Christoph Möllers entwickelt wurde. Möllers kommt zu dem Schluss, dass die Landesregierung bisher nur in einem Fall ihre strengen Auflagen für die Zeugen im Ausschuss nicht richtig begründet habe. Eine Klage von CDU und FDP beim Staatsgerichtshof, meint der Gutachter der Landesregierung, werde aber „nur geringe Erfolgschancen“ haben – denn die Verweigerungshaltung des Landes im Ausschuss sei im Prinzip richtig.

Seit Wochen wird der Untersuchungsausschuss zum Islamismus gelähmt vom Streit zwischen der Landesregierung und der schwarz-gelben Opposition. Mehrfach hatten Vertreter des Innenministeriums in die Aussagen von Zeugen aus Polizei, Verfassungsschutz und anderen Landesbehörden eingegriffen, weil dafür „keine Aussagegenehmigung“ vorliege. Es gab dafür zwei Begründungen – zum einen sei das „Staatswohl“ gefährdet, wenn Details zur Polizeiarbeit in öffentlichen Ausschusssitzungen ausgebreitet werden, zum anderen hätten Bundesamt für Verfassungsschutz und Bundesinnenministerium dieses Verhalten vorgegeben. Auch zum Fall der 16-jährigen Schülerin Safia S., die im Februar einen Polizisten im hannoverschen Hauptbahnhof niedergestochen hatte, wurden die Aussagen der Zeugen stark eingeschränkt. Begründung in diesem Fall war, dass gleichzeitig zum Ausschuss das Gerichtsverfahren gegen Safia S. vor dem OLG Celle läuft.

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Die Landtagsjuristen ziehen die Begründung des Innenministerium jetzt in Zweifel. Das Staatswohl sei nicht nur der Regierung, sondern auch dem Parlament anvertraut. „Eine pauschale, lediglich formelhafte Berufung auf Staatswohlgründe genügt insoweit nicht.“ Die Landesregierung hätte nach Ansicht des GBD in vertraulicher Sitzung „detailliert und umfassend“ über die Natur der zurückgehaltenen Informationen berichten müssen. Sich die Begründung der Bundesbehörden zu eigen zu machen, reiche für das Innenministerium auch nicht, zumal die Staatswohl-Begründung des Bundes in diesen konkreten Fällen „nicht geeignet ist, um eine Einschränkung der Aussagegenehmigung zu rechtfertigen“. Auch die Verweigerung von Aussagen im Zusammenhang mit Safia S. sieht der GBD skeptisch, da sich diese lediglich auf jene Erkenntnisse beziehen dürfe, die im Ermittlungsverfahren entstanden und in die Ermittlungsakte eingeflossen sind – nicht aber um jene Fakten, die vor Start der polizeilichen Arbeit liegen.

Die von Innen-Staatssekretär Manke vorgelegte Studie des Rechtswissenschaftlers Möllers bescheinigt dem Innenministerium hingegen ein verfassungskonformes Verhalten – mit Ausnahme einer von mehreren Aussageverweigerungen, gegen die es „wegen ihrer Pauschalität verfassungsrechtliche Bedenken“ gebe. Verfassungswidrig sei aber auch dieser eine Fall nicht, da mit der eingeschränkten Aussagegenehmigung „nicht in die Rechte des Untersuchungsausschusses eingegriffen“ worden sei. Möllers erklärt, dass der Bund natürlich die Weitergabe von Informationen an einen Ausschuss unterbinden kann, wenn er nicht wolle, dass diese „Rückschlüsse auf seine Ermittlungsarbeit erlauben“. Denn es handele sich ja beim Vorgehen gegen den Islamismus in diesen konkreten Fällen „nicht um abgeschlossene Vorgänge“, vielmehr seien die Behörden damit „nach wie vor beschäftigt“. Schwarz sieht Möllers für eine mögliche Klage des Landes beim Staatsgerichtshof: Weder stehe es den Richtern in Bückeburg zu, das Handeln von Bundesorganen zu beurteilen, noch könne der Untersuchungsausschuss vor Gericht eigene Rechte geltend machen. Allein die Landesregierung als Exekutive könne die Unterrichtung durch die Bundesregierung verlangen – aber das sei sinnlos, da die notwendigen Informationen bei der Landesregierung ja vorlägen, meint der Gutachter.