Grüne sind skeptisch: Darf das Land überhaupt Milliarden für Breitbandausbau ausgeben?
Bis zu einer Milliarde Euro will die Landesregierung in den Ausbau des Breitbandnetzes stecken, und 500 Millionen Euro liegen bereits in einem entsprechenden „Sondervermögen“ bereit. Aber aus der Landespolitik kommen jetzt kritische Hinweise. Der Grünen-Haushaltsexperte Stefan Wenzel erklärte im Haushaltsausschuss des Landtags, dass er Kompetenzkonflikte sehe. Laut Grundgesetz (Artikel 87 f) und Telekommunikationsgesetz ist der Bund zuständig für eine „flächendeckend angemessene und ausreichende“ Versorgung auch mit Breitbandnetzen. „Daraus folgt für mich die Frage, ob der Bund auch zuständig ist, wenn es um die Schließung von Versorgungslücken geht. Wir müssen das eindeutig regeln, bevor das Land Milliarden für etwas investiert, wofür es gar nicht zuständig ist“, betonte Wenzel.
Eine andere Frage sei, ob Land und Kommunen, wenn sie selbst aktiv werden und den Netzausbau ergänzen, dafür später dem Bund die Rechnung schicken dürften. Das wäre dann der Weg einer „Ersatzvornahme“. Der Vertreter der Landtagsjuristen widersprach Wenzel: Das Land könne dem Bund wohl kaum eine Rechnung schicken, wenn es selbst etwas investiere, ohne dafür vorher gezielt um Erlaubnis gefragt zu haben.
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Noch ist für das „Sondervermögen Digitalisierung“ nicht geklärt, welche Summen in welche Bereiche gesteckt werden sollen. Details sollen klar werden, wenn im Sommer ein Masterplan von Wirtschaftsminister Bernd Althusmann (CDU) vorgelegt wird. Aus Vorabsprachen wird aber klar, dass die rot-schwarze Koalition den Mammutanteil von bis zu 80 Prozent für den Breitbandausbau ausgeben will – also für Investitionen in Bereichen, die von der Telekom bisher ausgelassen wurden oder dort, wo die Leistungsfähigkeit der Netze deutlich erhöht werden muss.
Nach Ansicht von Wenzel beißt sich das aber mit den rechtlichen Vorgaben, da ja der Bund zuständig sei und er es für sinnvoll erachte, dass man den Bund aus dieser Verantwortung auch nicht entlasse. Widerspruch kam von Ulf Thiele (CDU) und Frauke Heiligenstadt (SPD). Da es bisher keinen Rechtsanspruch auf ein schnelles Internet gebe, könne man den Bund auch nicht auf bestimmte Pflichten festnageln. Die bisherigen Ausbaustandards, die vom Bund gesetzt worden seien, sollten vom Land nun deutlich überschritten werden. Thiele zog den Vergleich zum Lückenschluss der Autobahn 31 im Emsland: Da der Bund diesen Abschnitt nicht im eigenen Plan gehabt habe, seien Land und Kommunen vorgeprescht: „Wenn wir auf den Bund gewartet hätten, würden wir heute noch über holprige Straßen von Ostfriesland nach Nordrhein-Westfalen fahren müssen.“
Sind mit „Dienstleistungen“ auch Hochleistungskabel gemeint?
Auch der Vertreter der Landtagsjuristen neigte eher der Auffassung von Thiele zu. Man könne den Grundgesetzartikel 87 f als Hinweis auf eine bloße „Verwaltungstätigkeit“ interpretieren – damit wäre dann Spielraum für Investitionen des Landes gegeben. Außerdem sei fraglich, ob mit der Formulierung „Dienstleistungen“ in Artikel 87 f auch das Verlegen von Hochleistungskabeln gemeint ist – oder nur die allgemeine Zuständigkeit für die Versorgung. Christian Grascha (FDP) und Peer Lilienthal (AfD) verlangten im Gesetzentwurf zum Sondervermögen weitere Klarstellungen. Zumindest in der Begründung, meint Grascha, könne man die Rechtsinterpretation zu den Bund-Länder-Zuständigkeiten auffangen.
Wenzel indes bittet Finanzminister Reinhold Hilbers, selbst ausdrücklich noch einmal zu der Kompetenzverteilung Stellung zu nehmen. Denn die Landtagsjuristen, so meint der Grünen-Abgeordnete, hätten in ihrer ersten Stellungnahme zum Sondervermögen durchaus deutliche Kritik anklingen lassen: Die haushaltsrechtliche Befugnis zur Bildung eines Sondervermögens begründe noch nicht die Befugnis, von der in der Verfassung geregelten Kompetenzverteilung abzuweichen, hätten sie zu Protokoll gegeben.