Am 1. Juli kommenden Jahres soll der neue Glücksspielstaatsvertrag in Kraft treten und zum Beispiel den Bereich der Sportwetten neu regeln. Der Weg zu einem Vertrag, der immer noch nicht in trockenen Tüchern ist, war bisher lang und die Zeit bis zum Sommer nächsten Jahres könnte ebenfalls noch lang werden. Deshalb versuchen die Länder nun einen Übergang hin zu den neuen Regeln zu schaffen und den Glücksspielanbietern bereits ab Mitte Oktober Rechte einzuräumen, die sie eigentlich erst mit dem Inkrafttreten des neuen Vertrags in Anspruch nehmen könnten. Das geht aus einem Umlaufbeschluss der Chefs der Staatskanzleien hervor, der dem Politikjournal Rundblick vorliegt.

Den Anbietern solle „ein Übergang in das Regelwerk des Glücksspielstaatsvertrags 2021 eröffnet werden, soweit sie ihre Geschäftspraxis tatsächlich bereits heute an die voraussichtliche künftige Rechtslage anpassen und ihr Angebot darauf entsprechend beschränken“, heißt es in dem Beschluss, der vor allem von Nordrhein-Westfalen vorangetrieben worden sein soll.

Vor allem die großen Wettanbieter könnten im Sommer 2021 durch die Vorlage der Länder gute Startmöglichkeiten im Markt haben – Foto: Cunaplus_M.Faba

Was pragmatisch klingt, ist in der Praxis allerdings mit Problemen verbunden. Abseits der Frage, ob es juristisch nicht doch sehr angreifbar ist, Rechte im Vorgriff auf ein noch nicht beschlossenes Gesetz einzuräumen, während die alten Regeln noch gelten, ist die Erlaubnis auch mit Voraussetzungen verbunden, die nur schwer umsetzbar und deren Umsetzung noch schwieriger zu überprüfen sind. Denn wer sich bereits im Oktober an die Auflagen zum Spielerschutz und zur Spielsuchtbekämpfung halten möchte, hat nur sehr wenig Zeit für die Einführung eines plattformübergreifenden Spielersperrsystems oder eines generellen Limits für die Einsätze der Spieler.

Wer kontrolliert eigentlich in der  Übergangszeit?

Und selbst wenn Anbieter das rechtzeitig technisch einrichten können, bleibt die Frage, wer das überhaupt angemessen kontrolliert. Die bundesweite Glücksspielbehörde soll erst im Jahr 2023 ihre Arbeit aufnehmen, die zuständigen Länderbehörden dürften in der Zwischenzeit mit den nötigen Kontrollen überfordert sein. Hinzu kommt, dass die großen Anbieter am Markt von der Übergangsmöglichkeit profitieren könnten. Sie sind, wenn der Wille vorhanden ist, in der Lage, bereits jetzt die Voraussetzungen dafür zu schaffen, um sich für den Sommer 2021 eine gute Startposition zu verschaffen.

Vor allem die großen Anbieter treiben derweil auch die Politik. GVC, Muttergesellschaft des Anbieters bwin, hatte den Ländern im Sommer einen Stufenplan präsentiert, welche Regelungen des neuen Vertrag bereits jetzt in welchen Schritten umsetzbar sein könnten. Nach Meinung des Unternehmens ließen sich bis zum 1. Januar 2021 „wesentliche Regelungen“ bereits einhalten, zum Beispiel die Identifizierung von Kunden oder auch die neuen Limitierungen für Spieler.


Lesen Sie auch: 

Grascha bemängelt Datenschutz bei Glückspielgesetz

Neues Glücksspielrecht birgt Risiken für mögliche Klagen


Die Länder sind inzwischen mit unterschiedlicher Motivation bei der Sache. Während Länder wie NRW oder Bayern die Sache vorantreiben und aus Niedersachsen wenig zu hören ist, gilt die Landesregierung im Saarland als Bremser. Sie wollte bis kurz vor Toresschluss dem vorgelegten Kompromiss nicht zustimmen, unterzeichnete das Dokument am Ende nur mit einer Protokollnotiz zum Spielerschutz.

Nach wie vor ist auch mehr als unsicher, ob alle Länder dem neuen Glücksspielstaatsvertrag zustimmen werden. Ausgerechnet in Sachsen-Anhalt, wo die neue bundesweite Glücksspielbehörde ihren Sitz haben soll, gibt es in Teilen der Landesregierung immer noch große Vorbehalte gegen den ausgehandelten Staatsvertrag. Der Weg könnte also auch politisch noch lang werden.

Martin Brüning